Tiefenkompensation
by Bestmann, Guenter 3887 S-RD-PN7
Hallo,
hier ein paar grundsätzliche Anmerkungen zur Tiefenkompensation:
1. RGB-Bilder, sei es eciRGB oder sRGB, haben einen Helligkeitsumfang von L* = 0 bis 100, wenn in der RGB-Repräsentation der volle Dynamikbereich ausgenutzt wird. Druckprozesse haben in der Tiefe einen eingeschränkten Dynamikumfang, ein typischer Offsetdruck hat einen Umfang von L* = 10 bis 100, ein Zeitungsdruck von L = 25 bis 100. (100 ist hier das Papierweiß)
2. Bei Verwendung des Perceptual RI (Rendering Intent) bei der Umwandlung eines RGB-Bildes in CMYK-Separationen wird die Tiefenanpassung durch das Profil vorgenommen. Durch ein Gamut Mapping wird der Bereich der Vorlage der normalerweise nicht druckbar ist (L* = 0 bis 10 bzw. 25) in den Druckfarbraum abgebildet.
3. Bei Verwendung des Relative RI bei der Umwandlung eines RGB-Bildes in CMYK-Separationen wird keine Tiefenanpassung vorgenommen und Farbwerte der Vorlage werden in der Tiefe abgeschnitten. Die Tiefenkompensation in Adobe Applikationen führt nun eine Art Gamut Mapping durch, wie sie ähnlich auch im Perceptual RI gemacht wird.
4. Die Anwendung der Tiefenkompensation beim Perceptual RI macht keinen Sinn bzw. hat keine Wirkung, da die Tiefe ja schon angepasst ist. Sie macht auch keinen Sinn beim Absolute RI, da hier das Proofergebnis verfälscht wird und keine Weißpunktkompensation durchgeführt wird. Beim Saturation RI gilt das zum Perceptual RI gesagte.
5. Die Tiefenkompensation ist kein eigener RI. Es ist eine besondere Form des Perceptual RI, bei dem nur ein Gamut Mapping bezüglich des Helligkeitsumfanges durchgeführt wird. Die Güte dieser Art Helligkeitsumfangsanpassung ist implementierungsabhängig. Ganz allgemein ist aus der Reprotechnik bekannt, das solche Umfangsanpassungen zwischen (Dia-) Vorlagen und (Druck-) Ausgabe nichtlinear sind und über experimentell ermittelte Transferkurven erfolgen. Eine schlichte lineare Anpassung führt im allgemeinen nicht zu hochwertigen Ergebnissen ("alte" Reproexperten aus der Zeit der CMYK-Trommelscanner werden dies noch wissen).
6. RGB-Bilder und hier insbesondere die aus digitalen Kameras, von Dia's und von Zweitvorlagen haben einen großen Buntheitsumfang. Beim Relative RI werden sehr bunte Bildbereich einfach abgeschnitten. Das fällt zunächst nicht auf (insbesondere nicht am Monitor), beeinflußt die Qualität der Repro aber deutlich. Wenn die Tiefenkompensation korrekt implementiert ist, wird sie auch die bunten Farben in der Tiefe und im Mittelton mit reduzieren und so den negativen Effekt reduzieren.
7. Ich persönlich bin der Meinung, das für eine Farbseparation von RGB-Bildern (und Lab-Bildern) der Relative RI und die Tiefenkompensation nicht verwendet werden sollte. Man wird immer zu einer besseren Druckqualität kommen, wenn man den Perceptual RI anwendet. Wenn man mit der Separation nicht ganz zufrieden ist, kann man mit den Profilierungstools der Hersteller immer noch basierend auf den Charakterisierungsdaten Profile mit einem anderen Farbaufbau und einem anderen Gamut Mapping erstellen, die besser zum Kunden und zum Motiv passen. (Oder man macht eine vernünftige Farbkorrektur der Vorlage)
8. Die Propagierung des Relative RI und der Tiefenkompensation als "state-of-the-art" Reprotechnologie, wie es hier mehrfach vorgekommen ist, kann ich nicht unterstützen. (Schon aus eigennützigen Motiven nicht, denn wofür braucht man dann noch ein Profilierungstool wie PrintOpen, wo bei der Generierung des Perceptual RI Dutzende von Jahren an Reproerfahrung eingeflossen sind.)
Viele Grüße
Günter Bestmann
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Dr. Günter Bestmann
Heidelberger Druckmaschinen AG
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