Thomas Richard schrieb:
Hallo Herr Hürten,
Wie aber können sie sich erklären, das es mit meinem Profil für den
selben Monitor weder bei mir noch bei ihm auftaucht?
Hallo Herr Richard,
Vor der Verwendung von Monitorprofilen auf anderen Geräten (auch bei
absolut identischer Hardware - einschließlich Grafikkarte) kann ich nur
warnen:
Das Profil von Herrn Mertmann z.B. enthält kein VCGT (Video Card Gamma
Tag). Es beschreibt also lediglich den Zustand eines bereits (im Falle
des Eizos hardwareseitig) kalibrierten Monitors. Ohne diese Kalibrierung
ist es als Monitorprofil wertlos. Das ein Bild mit einem fremden
Monitorprofil anders aussieht ist also nicht weiter verwunderlich - ob
es deshalb unbedingt richtiger dargestellt wird, wage ich zu bezweifeln.
Auch der Sinn Ihrer Screenshots leuchtet mir nicht ganz ein: Was wollen
Sie damit Beweisen? Wie sind sie entstanden? Die Stärke der
Farbverschiebungen und Säume lässt sich im Bild von Herrn Mertmann
übrigens auch schon "locker" über simple Gamma-Veränderungen steuern:
Wen sie dem Bild Profile mit identischen Eckfarben, aber
unterschiedlichen Gammawerten zuweisen, werden sie sehen das die
"Fehler" sich drastisch verändern Es muss also nicht unbedingt am
Farbraum liegen. Das lässt sich in Photoshop auch sehr schön simulieren,
indem man ein bisschen am mittleren Regler der Tonwertkorrektur spielt.
Das wäre z.B. auch eine mögliche Erklärung dafür, warum der Effekt mit
einem anderen Monitorprofil verschwindet: Eine "schönere" Darstellung
muss aber nicht unbedingt "richtiger" sein.
Markus Mertmann schrieb:
Hallo Herr Krüger,
habe Ihre Seite gerade angeschaut.
Finden Sie nicht, daß Sie es sich etwas einfach machen?
Jede Digitalkamera hat einen Farbraum der grösser ist als der
Farbraum des Monitores welcher das Bild darstellen muss. Da ändert
sich auch nichts dran, wenn Sie ein eingenes Kamerprofil erstellen
würden. Soviel zu Ihrem Lösungsvorschlag.
Das Problem mit den nicht darstellbaren Farben muss durch ein "gutes"
Rendern der nicht darstellbaren Farben in den Farbraum des Monitores
gelöst werden. Voraussetzung sind Kalibration und gute Profiierung
des Monitores. Und hier lag wohl bei meiner letzten Konfiguration das
Problem. Ich finde, den Inhalt der u.g. Seite kann man so nicht
stehenlassen.
Clemens M. Hürten schrieb:
Lieber herr Mertmann!
Nun machen Sie es sich aber wirklich zu einfach, finde ich
... das finde ich allerdings auch, Herr Mertmann. Waren nicht Sie es,
der noch vor ein paar Tagen glaubte, aufgrund seines Problems "...
zurecht an der Softprooffähigkeit von TFT's zweifeln" zu müssen?
Clemens M. Hürten schrieb:
Dank der hervorragenden Arbeit von Herrn Krüger ist zu
sehen, dass
Ihre Kamera in Ihrem Bild eine gewaltige Anzahl verschiedenster
Farbschattierungen erfasst hat, die allesamt sowohl Out-Of-Gamut
hinsichtlich des ECI-RGB-Profils als auch hinsichtlich des
TFT-Moni-Farbraums liegen! [...] Offensichtlich ensttehen die
"Fehler" bei beiden Transformationen, nämlich a) von Kamera nach
ECI und b) von ECI-RGB nach Monitor. Jeder der aufeinander
folgenden Farbräume ist erheblich kleiner, als der vorhergehende!
Also muss die große Anzahl der Farbschattierungen, die die Kamera
erfasst hat (und die ausgerechnet in einem Spektral-Bereich liegen,
wo ECI und Monitor besonders eingeschränkt sind gegenüber der
Kamera(!!), reduziert werden auf einen relativ kleinen Bereich von
Werteabstufungen.
[...] Was Sie, Herr Mertmann, beobachtet haben, sind also die
endlichen Grenzen des Gamutmappings, die selbst mit den besten
Monitoren und dem bestene Farbmanagement nicht überwunden werden
können!
... jedenfalls die Grenze dessen, was Matrix- (TRC-)Profile leisten
können. Zu diesem Typ von Profilen zählen übrigens die meisten
RGB-Profile, nicht nur für Monitore, sondern
auch die gängigen RGB-Arbeitsfarbraum-Profile wie ECI- oder Adobe-RGB.
Diese Profile können nämlich letztlich nicht mehr tun, als die
wichtigsten Eckdaten zu beschreiben, z.B. den der Weißpunkt, die
Grundfarben und pro Farbe entweder je einen Gamma-Wert oder eine
Tonwertkurve. Für den "Rest der Farbmetrik" ist dann das CMM zuständig.
Welche Fehler dabei entstehen können, ist sehr schön auf der Seite von
Bruce Lindbloom erklärt:
<http://www.brucelindbloom.com/index.html?Calc.html>
neben einem "Munsell Display Calculator"
<http://www.brucelindbloom.com/MunsellCalculator.html>
findet sich dort auch eine Erklärung für das "Blue Turns Purple Problem"
<http://www.brucelindbloom.com/MunsellCalcHelp.html#BluePurple>
Thomas Richard schrieb:
Ich vermute einfach mal, das sein Matrix-Profil (4KB)
eben dort an
seine Grenzen stösst. Mein Profil als großes LUT Profil (328KB) kommt
mit den Mappings scheinbar besser zurecht.
[...]
Damit liegen Sie im Prinzip richtig. Der Kern des Problems liegt bereits
im CIE-Lab-System:
Betrachtet man bunttongleiche Farben in der ab-Ebene, sollten sie immer
auf einer gerade Linie liegen, die den Nullpunkt schneidet. Praktisch
sieht das im CIE-Lab-System leider anders aus, was sich mit Hilfe Bruce
Lindblooms "Munsell Display Calculator" eindrucksvoll demonstrieren lässt.
Diesen und andere "Mängel" (wie zu geringe visuelle Gleichabständigkeit)
haben viele Experten und Praktiker schon lange erkannt und mit
verschiedenen Ansatzpunkten nach Verbesserungen gesucht. (z.B. in Form
"korrigierter" Farbabstandsformeln wie Delta E 94, neuen Farbräumen wie
DIN 99 oder komplexen "Color Appearance Models" wie CIECAM97 - siehe
dazu auch
<http://www.cis.rit.edu/people/faculty/fairchild/PDFs/GusCIC98.pdf>)
CIE-Lab war ursprünglich überhaupt nicht dafür konzipiert, einen
Farbraum zu definieren - es ging lediglich darum, ein einheitliches
Abstandsmaß für *nahe* beieinander liegende Farben zu finden - z.B. als
Qualitätsmaßstab für Nachfärbungen in der Textilindustrie.
Profile mit n-dimensionalen Lookup-Tables (CLUTs) haben zumindest die
_Chance_, es besser zu machen, wenn diese Tabellen mit solchen
verbesserten Farbmodellen erzeugt werden.
Die Lookup-Tables für perzeptives Rendering werden von guten, modernen
Profilierungstools auf Basis solcher verbesserten Farbmodelle erzeugt.
Die verwendeten Methoden sind allerdings herstellerabhängig. Daher gibt
es vor allem beim perzeptiven Rendering erhebliche Unterschiede zwischen
Profilen aus unterschiedlichen Programmen oder Versionen, auch wenn sie
aus den gleichen Messdaten erzeugt wurden - aber leider keine allgemein
anerkannten Qualitätskriterien für perzeptives Rendering.
Probieren Sie es am besten selbst aus (... falls sie "zufällig" alle
nötigen Softwarepakete zur Hand und ein paar Stunden freie Zeit haben
;-): Laden sie sich eine beliebige FOGRA-Charakterisierungsdatei
herunter, erzeugen Sie mit ProfileMaker, basICColor, PrintOpen und was
sie sonst noch zur Hand haben Profile mit möglichst ähnlichen
Schwarzaufbauten, basteln sie sich in Photoshop einen Lab-Bild mit
farbtongleichen Verläufen, transformieren sie es der Reihe nach
perzeptiv mit allen Profilen nach CMYK und anschließend absolut
farbmetrisch zurück nach Lab. Dass dabei Buntheit und Kontrast verloren
geht ist logisch - aber wen Sie sich die Farbverschiebungen ansehen
erleben sie ein "blaues Wunder".
Clemens M. Hürten schrieb:
Aber: Was nützt Ihnen das? Es gibt kein einziges
Ausgabeverfahren,
bei dem Sie diese Farben darstellen können. Also müssen Sie die
Farben doch wieder durch ein Gamutmapping jagen und haben dann doch
wieder in der Reproduktion die jetzt von Ihnen beobachteten Effekte.
Letztlich ist es das uralte Problem, dass der Fotograf den Anspruch
erhebt, dass seine Bild-Gestaltung mit all ihren Farben 1:1
reproduziert wird und es gleichzeitig kein Print-oder Monitor-Medium
gibt, das diesen Anspruch erfüllt. Also müssen Kompromisse
geschlossen werden.
... und darüber, wie diese Kompromisse aussehen sollen, streiten sich
die Gelehrten, Softwareentwickler und Anwender seit langem gerne und
intensiv. Meine persönliche Priorität liegt ganz klar bei einem kleinen
Delta H: wenn aus knallblau dunkelblau wird kann ich damit eher leben
als mit magenta ;-)
Kann es nicht sein das diese Kamera Farben wahrnimmt,
die wir nicht
wahrzunehmen in der Lage sind?
... das sind dann zwar per Definition keine Farben
mehr, aber ok, ich
weiß, was Sie meinen.
Dann müssen zwangsläufig seltsame Effekte auftreten,
wenn man diese
unsichtbaren Farben in einen kleineren, komplett sichtbaren Bereich
transformiert und sie dadurch plötzlich für uns auftauchen?
... ja, und ich würde
dann sagen: das ist eine schlechte Kamera
(jedenfalls für einen Fotografen, der damit aufnehmen will, was er auch
sieht und nicht etwa Thermographie betreibt)
Herrn Hürtens Tipp bezüglich "UV-Einflüssen oder Ähnlichem" sollte auch
nicht außer acht gelassen werden:
Das Einstellicht von Studioblitzanlagen ist meistens sehr gelb - die
Blitzröhre selbst hat dagegen eine wesentlich höhere Farbtemperatur und
einen kräftigen UV-Anteil. Allein durch Metamerie-Effekte kann es also
sein, dass die Kamera etwas völlig anderes sieht als der Fotograf. Wenn
sich dabei regelmäßig in Zusammenhang mit einem bestimmten Blitz
Farbverschiebungen auch gegenüber Normlicht ergeben, loht es sich
eventuell auch, die Blitzröhre auszutauschen: Blitzröhren können durch
Alterung ihr Spektrum verändern.
... von meiner Seite aus ist das Thema damit nun aber bereits mehr als
erschöpfend beantwortet.
Ein erholsames Wochenende wünscht Ihnen
Klaus Karcher