ISOcoated, CMYK-Altdaten, Gelbproblem (war Graubalance...)
by Bestmann, Guenter 3887 S-PN-RD11
Hallo Herr Fronia,
ich kann Ihren Ausführungen nur zustimmen.
Die ISO-Profile des ECI basierend auf den Charakterisierungsdaten der Fogra sind "Standard"-Profile - zu verwenden wenn keine anderen Informationen aus den Druckereien vorliegen und zu verwenden, wenn für mehr als eine Druckerei gleichzeitig produziert wird. Sie sind auch als "Standard"-Profile für den gedacht, der nicht in der Lage oder Willens ist, sich selbst Profile zu erstellen oder zu modifizieren. Die Hersteller von Scan-Applikationen oder Adobe mit Photoshop und Co. stellen auch Standardprofile zur Verfügung. Das gilt übrigens nicht nur für den Offsetdruck, sondern auch für den Tiefdruck, den Zeitungsdruck usw.
Standardprofile treffen nicht unbedingt die aktuellen Druckbedingungen einer Druckerei. Ein hier in dieser Liste diskutiertes Beispiel sind die Farben. Hier gibt es Unterschiede zwischen den Herstellern, zwischen Chargen desselben Herstellers usw. Auch die aktuelle Einstellung der Druckmaschine (Gummituch, Anpressdruck, Farb/Wasserbalance, Temperatur) beeinflußt das Druckergebnis. Heidelberg bietet seinen Kunden genau das an, was Sie unten beschreiben: Im Rahmen der Dienstleistung PrintColorManagement werden Film/Plattenbelichter und Druckmaschine auf einen vom Kunden definierten Standard hin abgeglichen, es werden Charakterisierungsdaten erzeugt (und gegebenefalls modifiziert) und eine Proofstrecke eingerichtet. Das Druckprofil kann dann an den Lieferanten der Daten weitergegeben werden. Dieser "Haus"-Standard kann/ist am ProzessStandard Offsetdruck des bvdm orientiert.
Nun kann es passieren, das die aktuellen Druckbedingungen (obwohl Färbung und Tonwertzunahme der Prozessfarben innerhalb der Toleranzen des ISO-Standards liegen) nicht mit den Standard-Profilen erreichbar sind. Ein wesentlicher Grund liegt meines Erachtens im Zusammendruckverhalten der Farben. Eine Auswertung einiger aktueller Drucke zeigt große (!) Unterschiede in der Sekundärfarben und den Tertiärfarben. Die Abweichungen in den Rot- Grün- und Blauwerten liegt teilweise bei über 10 dE (und das sind dann ganz andere Farben), sie liegt teilweise aber auch bei 2 dE. Die ISO-Norm gibt hier nur Richtwerte vor, keine Toleranzen. Auch das Gelb-Problem (sprich die Graubalance) hat hier seine Begründung. Obwohl Proofs eine neutrale Grauachse zeigen, ist im Druck ein leichter Magentaüberhang zu sehen. Das Auge ist hier sehr empfindlich, 2 dE Abweichung über eine große Fläche werden sofort erkannt, vor allen Dingen wenn das Papier entgegen den Vorgaben der ISO viele optische Aufheller hat. Die meisten im Markt befindlichen Papiere befinden sich übrigens ausserhalb der Toleranzen der ISO-Normen (die schreibt eine b-Komponente von -2 vor mit einer Toleranz von +-2).
Was tun ?
Überprüfung der eigenen Druckbedingungen, bewegt man sich im Bereich des Standards, ist die Prozesskalibrierung in Ordnung usw. Sind die verwendeten Papiere und Druckfarben im Standard oder weichen sie ab, welchen Einfluß hat dies auf das Druckergebnis. Ist alles in Ordnung und das Druckergebnis trotzdem nicht akzeptabel muss man eine der drei folgenden Strategien verfolgen.
1. Überprüfung der Charakterisierungsdaten und der Standardprofile des ECI. Dies ist erforderlich, wenn die Mehrheit der Anwender Probleme mit den aktuellen Druckbedingungen in den Druckereien hat und wenn die Druckerei diesen Standard auch bei sorgfältigster Arbeit nicht sicher erreichen kann. Dazu bedarf es praktischer Erfahrungen und die werden gerade gesammelt.
2. Individuelle Modifikation der Standardprofile des ECI oder Neuberechnung von Profilen mit anderen Separationsvorgaben basierend auf den Charakterisierungsdaten der Fogra. Dies ist erforderlich, wenn man mit einer bestimmten Druckerei zusammenarbeitet und weiß wie diese Druckerei mit den Daten umgeht. Hier werden dann individuelle Lösungen zu besseren Ergebnissen führen.
3. Individuelle Charakterisierung der Druckerei (Druckmaschinen, Druckprozesse) und Weitergabe der Profile an die Datenlieferanten. Hier werden optimale Ergebnisse erreichbar, mit dem Nachteil der verschlechterten Austauschbarkeit der Daten mit anderen Druckereien.
Standardisiertes Arbeiten ist genausowenig wie ColorManagement auf Knopfdruck abrufbar. Es hat aber, wenn es funktioniert unbestreitbar seine Vorteile. Das der Weg dorthin weiter ist als gedacht ... stellen wir an den aktuellen Diskussionen gerade wieder einmal fest.
Mit freundlichem Gruß
Dr. Günter Bestmann
Heidelberger Druckmaschinen AG
Product Center Prinect S-PN-RD11
Dr.-Hell-Straße
24107 Kiel
Tel.: +49 (0) 431/3863887
Mail: Guenter.Bestmann(a)Heidelberg.com <mailto:Guenter.Bestmann@Heidelberg.com>
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Fronia, Tobias [mailto:t.fronia@neef-stumme.de]
Gesendet: Dienstag, 3. Juni 2003 19:35
An: 'eci(a)lists.transmedia.de'
Betreff: AW: [Eci] ISOcoted, CMYK-Altdaten, Gelbproblem (war
Graubalance...)
Hallo Herr Hürten,
vielen Dank für Ihr Statement über die Einschätzung der Verlässlichkeit der
'neuen' Standardprofile.
Ich denke, dass wir alle zusammen incl. der Fachpresse nicht den gleichen
Fehler machen sollten, wie in den Kindertagen des ColorManagement insgesamt.
Schon damals wurde uns und leider auch unseren Kunden ColorManagement als
Wunderlösung dargestellt, die uns alle Farbprobleme auf Knopfdruck löst. Ein
Testchart drucken, messen, rein ins RIP und los geht's. Wer hat diesen
Fehler mit der entsprechenden Bauchlandung zu Anfang nicht gemacht? Finger
hoch! ich sehe nichts...
Ich, denke die Diskussionen in diesem Forum zeigen, wie die (Farb-) Welt
tatsächlich aussieht.
Auf dem Weg zu einem sichereren Farbworkflow sind die Standardprofile und
die festen Definitionen des Prozessstandards Offsetdruck sicherlich ein
riesigen Schritt in die richtige Richtung. Von der Lösung aller Farbprobleme
auf Knopfdruck sind wir aber sicherlich noch ein ganzes Stück entfernt. Für
einen großen Teil der Aufgaben sind die zu erreichenden Ergebnisse mit den
Standardprofilen sicherlich voll ausreichend und befriedigen die
mittlerweile (hoffentlich) aufgeklärten Kunden. Soviel zum Thema
Standardprofile nur für Dummies.
Im HighEnd-Bereich stellen uns die recht weiten Toleranzbereiche und
Instabilitäten im Workflow aber weiterhin ein Bein. Hier kann man mit den
Standardprofilen sicherlich starten, nach meinen Erfahrungen kommt man ohne
Profiltuning und Anpassungen mit entsprechendem KnowHow bzw. propitären
Profilen zu keinem befriedigenden Ergebnis (Stichwort
Papierweiß/-simulation/Grauachse). Das Thema Rechtsicherheit stellt sich an
dieser Stelle erfahrungsgemäß auch eher selten, da Litho und Druck viel
enger im gleichen Boot beisammen sitzen, sich aufeinander einlassen und auf
hohem Qualitätsniveau im Sinne des gemeinsamen Kunden zusammenarbeiten als
es bei 'Allerweltsaufträgen' der Fall ist, wo die Litho den Drucker erst
genannt bekommt, wenn die Daten fertig sind. Da sind Standardprofile dann
der einzig richtige Weg.
Das simple Erreichen einer Proofs im Druck als Ziel von ColorManagement ist
nicht allein die Frage, die sich stellt, sondern wann für einen speziellen
Kunden dieser Zustand als hergestellt gelten darf. Je höher die Latte liegt,
desto höher ist auch der Aufwand um dies zu erreichen. Hier muss jedem
Kunden von beiden Produktionspartnern, Litho und Druck, klar gemacht werden,
dass für Premium Printing auch Premium Prizing gelten muss. Wir habe
vermutlich alle Spaß an unserem Job, aber rumkommen muss auch etwas.
An der Stelle, wo es um die Erstellung von individuellen Profilen geht,
möchte ich gern mein Statement aus vergangenen Threads wiederholen: Da es
sich bei diesen besonderen Profilen i.d.R. um spezielle Anpassungen für
einen bestimmten Auftrag und ein bestimmtes Papier handelt, dass meist nicht
weiter universell einzusetzen ist, sollte hier das Prinzip der
Arbeitsteilung gelten:
Der Drucker erstellt die reproduzierbaren Fingerprints mit den, von der
Litho gelieferten, Testcharts nach bestem Wissen und Gewissen unter
Einhaltung des Prozessstandard Offsetdruck in möglichst engen Toleranzen.
Das sind bzw. sollten seine Kernkompetenzen sein. Damit hat er dann schon
einen weiten Weg incl. entsprechender Kosten hinter sich.
Die Litho vermisst die Testcharts, generiert eine Farbanpassung und nutzt
diese, ggf. nach Profiltuning, für Separation und Proof, der logischer Weise
voll innerhalb der Vorgaben des Medienstandard Druck liegt. Hier liegt ihr
KnowHow, dass Sie meiner Meinung nach für den gemeinsamen Kunden einsetzten
sollte.
Auch der finanzielle Aufwand entspricht vermutlich der Aufteilung des
Auftragswertes zwischen Druck und Litho insgesamt. Zusätzlich sind die
Verantwortlichkeiten eindeutig: Der eine erstellt die digitale Farbe, der
andere die auf Papier.
Propitäre Profile allgemein (Internet) zugänglich zu machen halte ich für
kritisch, da hier der Fehlnutzung Tür und Tor geöffnet wird und die Frage
der Verantwortlichkeit endgültig nicht zu klären ist bzw. immer zu Ungunsten
des Druckers ausfällt. Man sieht letztendlich erst im Druck, was ggf. weit
im Vorfeld verbockt wurde.
Ich freue mich auf Für- oder Widerspruch,
freundliche Grüße aus der Heide,
T. Fronia