Re: Video-LUTs und andere Fragen zu VideoCardGammaTags, 8bit/10bit
by Markus Hitzler, Color Solutions
Hallo,
Die Diskussion um 10-bit-Systeme ist sicher interessant. In der nächsten
Zeit sind wir jedoch noch auf die 8-bit-Ansteuerung angewiesen.
Auch die Frame-Modulation beseitigt - wie beschrieben - leider nicht diese
8-bit-Beschränkung der Daten, die nach der Farbumrechnung (Arbeits- bzw.
Druckerfarbraum zu Monitorfarbraum) in die Grafikkarte geschickt werden.
Dies ist aber - natürlich ein hochwertiges Display vorausgesetzt - die
eigentliche und systematische Limitierung der Genauigkeit eines
Softproofsystems.
10-bit-Ausgabesysteme verhindern lediglich eine weitere Verschlechterung der
8-bit-Daten in den folgenden Schritten der Wiedergabekette. Sind diese Daten
aber nicht optimal, hilft auch 10-bit-Hardware oder deren Simulation per
Grafikkarte mit Frame-Modulation wenig.
Um die Anzeigegenauigkeit eines Softproofsystems zu steigern, muss man sich
also nicht nur mit der möglichst verlustfreien Wiedergabe durch die
Ausgabehardware (Grafikkarte, Monitorelektronik, Panel), sondern vor allem
mit der Informationsspeicherung in der 8-bit-Datenebene selbst beschäftigen
(Informationsübertragung zwischen Anwendung/Betriebssystem und Grafikkarte).
Kodierungseffizienz der 8-bit-Ebene:
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Ganz allgemein ist der übertragene Informationsgehalt eines Signals nicht
nur von der Auflösung eines Senders, sondern sehr wesentlich auch vom
Auflösungsvermögen des jeweiligen Empfängers abhängig. Ein Signal, das der
Empfänger nicht verstehen bzw. auflösen kann, hat für diesen keine
Information!
Der Zweck eines Bildschirmarbeitsplatzes ist die Anzeige von Bildinformation
für einen menschlichen Betrachter.
Der MENSCH ist als EMPFÄNGER deshalb wesentlicher Teil der WIEDERGABEKETTE:
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Datensatz (Druck- oder Arbeitsfarbraum)
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-> Farbkonvertierung (Datenfarbraum zu Monitorfarbraum)
-> Grafikkkarte
-> Monitor-Elektronik
-> Panel
----------------------
=> Betrachter (Mensch)
----------------------
Das in 8-bit quantisierte Signal kann vom (menschlichen) Betrachter nur dann
optimal verarbeitet werden, wenn
1) alle 256 Stufen das Panel erreichen UND sie
2) gemäß der Empfindlichkeit des menschlichen Auges verteilt sind.
Diese ideale Verteilung muss deshalb im ERSTEN Verarbeitungsschritt - also
VOR der Grafikkarte (vom MONITORPROFIL!!!) - erzeugt und von den folgenden
Komponenten dann exakt und ohne Tonwertverluste wiedergegeben werden.
Die für den Aufbau von Monitorfarbräumen bzw. für die Kalibrierung bisher
gebräuchliche Gamma-Technik weicht nun aber z.T. sehr stark von der für den
menschlichen Sehsinn idealen Verteilung ab.
Beispiel Gamma 2,2:
Für den Bereich von L*=0 bis L*=3 werden bei dieser Charakteristik bereits
20 der insgesamt 256 Koordinaten "verbraucht". Anders ausgedrückt: bei Gamma
2,2 wird für die Kodierung der dunkelsten 3% des visuellen Farbraums fast
10% des Datenfarbraums benötigt - Koordinaten die im Rest des Farbraums
fehlen (zudem befindet sich in diesem Bereich gerade auch noch das Rauschen
von Kameras/Scannern, die die Bilddaten erzeugt haben - also kaum
bildrelevante Information).
Die LStar-Methode hingegen passt die Koordinatenverteilung des
Bildschirmsystems/Monitorprofils durch die farbmetrische Kalibrierung der
Grauachse/Gradation des Monitors über L* des L*a*b*-Systems der
Empfindlichkeitsverteilung des menschlichen Auges an.
Die Umsetzung aus dem Quellfarbraum (Druck- oder Arbeitsfarbraum) erfolgt
über die 16-bit-Tabellen des Monitorprofils.
10-bit-Hardwarekalibrierung (bzw. 10-bit-Simulation durch Frame-Modulation)
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Bei Panels mit 10-bit-Kalibrierung kann die Koordinatenverteilung/Gradation
des 8-bit-Datenraums sehr gut und weitgehend unabhängig von der realen
Hardwaregradation gesteuert werden. Die 10-bit-LUT der Hardware sorgt so
dafür, dass die vom Monitorprofil für die menschliche Wahrnehmung
optimierten 8-bit-Daten ohne Tonwertverluste wiedergegeben werden. Die
8-bit-Grafikkarten-LUT wird je nach den verfügbaren Funktionen der
10-bit-Hardwarekalibrierung noch für ein "Feinst"-Tuning benutzt.
Die komplette Gradationsanpassung über die 8-bit-LUT auf der Grafikkarte ist
ebenfalls möglich. Allerdings ist hier der Qualitätsgewinn je nach Gradation
der Hardware deutlich kleiner, da eine 8-bit-LUT die 8-bit-Daten nicht
verlustfrei umsetzen kann.
Ergebnis:
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Bei gleicher Bittiefe, gleicher Hardware und gleicher
Bildbearbeitungssoftware kann auf einem 10-bit-Bildschirm durch eine
LStar-Kalibrierung ca. 5% - 10% mehr Information für das menschliche Auge
wiedergegeben werden als bei Verwendung der alten Gamma-Technik - eine
signifikante Qualitätssteigerung gegenüber bisherigen Softproofsystemen mit
konventioneller Koordinatenverteilung. Zudem werden durch die farbmetrisch
lineare Einstellung Umrechnungsfehler (z.B. Farbkipper, Banding,...)
reduziert.
Anwendung:
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Für die farbmetrische Kalibrierung nach der LStar-Methode werden weder
spezielle Grafikkarten noch spezielle Programme wie in der Medizintechnik
benötigt: eine 8-bit-Standardgrafikkarte und ein ICC-kompatibles
Bildbearbeitungsprogramm wie Photoshop reichen.
Maximalen Nutzen erzielt man durch Einsatz eines Flachdisplays mit
10-bit-Kalibrierung (z.B. Eizo, Eye-Q, NEC,...). Deshalb sind 10-bit-Panels
bei Softproofsystemen für die grafische Industrie trotz der
8-bit-Limitierung der Ansteuerung heute schon absolut sinnvoll. Mit weniger
sollte man sich nicht zufrieden geben.
Mit freundlichen Grüßen,
Markus Hitzler
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Color Solutions Köln
Markus Hitzler
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Email: markus.hitzler(a)color-solutions.de
Web: http://www.basICColor.de
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basICColor - the basICCs of colormanagement
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Am 13.09.2004 12:00 Uhr schrieb "eci-request(a)lists.transmedia.de" unter
<eci-request(a)lists.transmedia.de>:
> --__--__--
>
> Message: 1
> Date: Sun, 12 Sep 2004 18:54:34 +0200
> From: "J. Raimar Kuhnen" <Kuhnen(a)jrkuhnen.de>
> To: <eci(a)lists.transmedia.de>
> Subject: [ECI] 1. Re: Re: Wo speichert AdobeGamma die Video-LUTs und andere
> Fragen zu VideoCardGammaTags
> Reply-To: eci(a)lists.transmedia.de
>
> Hallo,
>
> Es git durchaus echte 10bit Panels - allerdings fast ausschließlich im
> Medizinbereich (z.B. Totoku/Sharp) Allerdings beherrschen einige
> Chipsatzvarianten für die Ansteuerung von LCD Panel die sogenannte
> Frame-Modulation (je nach Hersteller bekommt das Baby auch andere Namen),
> die durch "zwei wackelnde" bits, 10bit Ausgabe simulieren können. Es bleibt
> aber bei 8bit Eingang und dann 10bit "Interpolation". So richtig Sinn macht
> ein 10bit Panel natürlich nur mit 10bit Eingang - aber das ist ja durch die
> mangelnde Normierung noch lange kein Thema. Dennoch bringt eine Ausgabe per
> Frame Modulation - also virtuelle 10bit - bei vernünftiger Ansteuerung mehr
> als die reine 8bit. So bleibt dies bis zur fundamentalen Änderung der
> Situation der einzig gangbare und bezahlbare Weg.
>
> Gruß
>
> J.R.Kuhnen-Burger
>