Guten Tag Herr Keller,
zur allgemeinen Klärung Ihrer Sache zunächst ein paar Fragen:
Die "manuelle Tiefenkompensation" erstellen Sie, indem Sie mittels der
Tonwertkorrektur oder einem ähnlichen Werkzeug den Tonwertumfang "von
unten aufmachen", also von 0 auf ca. 40 bis 80 Graustufen. Das Gamma
verändern Sie, um die damit verbundene allgemeine Aufhellung
auszugleichen, mit Farbton/Sättigung erfolgt die Feinjustage in Bezug
zum Ausgabefarbraum.
Richtig?
Gruß, Andre Schützenhofer
Am 15.04.2004 um 18:55 schrieb Dr. Arthur A. Keller:
Hallo Herr König,
vielen Dank für die Antwort.
Ihren Ausführungen über den relativ farbmetrischen Rendering Intent
kann ich
mich nur anschließen.
Wie ich hier beobachten konnte, gibt es nur sehr wenige Bilder (ca.
5%), wo
man perceptiv rendern sollte oder muß, manchmal muß man sich
allerdings auch
zwischen zwei Übeln entscheiden.
Nicht ganz konform gehe ich in Ihrer Annahme, daß viele Bilder bereits
innerhalb des Farbraums liegen. Für Kunstreproduktionen besonders auf
dem
recht kleinen Leinwand-Farbraum gilt das keineswegs, hier sind viele
der
angelieferten Bilder oft zu 95% außerhalb des Farbraumes, bedürfen also
einer massiven Bearbeitung, was ich durch meine manuelle
Tiefenkompensierung
und Reduktion der Sättigung im Endergebnis meist recht gut erreiche.
Da ist
aber auch viel Erfahrung nötig.
Man kann auch beim Scannen bereits einiges tun, um den Farbraum nicht
maximal auszureizen. Es macht eben keinen Sinn, am Bild wunderbare
brillante
Bilder zu haben, die sich dann aber auf keinem Medium so ausdrucken
lassen.
Daß mein Eindruck der differenten Endwerte im Schwarz keinesfalls
subjektiv
ist, belegen die Messungen, die ich gerade gemacht habe.
In Corel Photopaint kann man sowohl den Microsoft (MS) als auch den
Kodak
Farbrechner (K) auswählen.
Es geht um die Wiedergabe von RGB 0,0,0 aus ECI-RGB über ein selbst
erstelltes RGB-Druckprofil mittels Epson 9000 und Pigmenttinte auf
Leinwand
(L-Wert im Weiß unlackiert 96,5 1,23 -2,30, lackiert 95,59 0,35
-0,45),
gedruckte Werte im Schwarz (nach End-Lackierung, wobei auch die
Testform
lackiert vermessen wurde)
Perceptiv:
MS 31,44 -0,72 -2,20
K 29,93 -1,05 -2,28
Relativ farbmetrisch, in diesem Fall ohne Tiefenkompensierung:
MS 18,56 -0,04 -0,08
K 19,83 0,94 2,21
Angegeben sind CIE-LAB werte, gemessen mit X-Rite DTP 22.
Zum einen wird deutlich, daß offensichtlich verschiedene Farbrechner
mit
demselben Profil selbst im schwarz zu ganz anderen Ergebnissen kommen.
Eine Differenz von mehr als 10 Einheiten LAB zwischen den beiden
Rendering
Intents finde ich schon ganz schön heftig.
Herr Dr. Bestmann, meinten Sie 30 für perceptiv, Sie hatten 3
geschrieben?
Das käme dann etwa hin. Und um die 20 für relativ farbmetrisch auch.
Bei meiner manuellen Tiefenkompensation pflege ich den untersten
Farbwert
einige Einheiten L höher zu setzen. Unterstellt, man landet bei ca.
25, ist
die Differenz immer noch ziemlich deutlich.
Aber man könnte den Farbraum bei bestimmten Bildern eben auch voll
ausreizen
und das Schwarz z.B. bei Kunstwerken wirklich auf 19 einstellen. Dann
hat
man ganz schön an Dynamik gewonnen! Das ist wohl der Grund, warum meine
Kunden mit meinen Leinwand-Drucken so zufrieden sind.
Wie sind denn Ihre Erfahrungen mit Adobes Tiefenkompensierung? Ich
hatte die
einige Male getestet und als zumeist unbrauchbar verworfen.
Druckt man einen Graustufenbild in RGB aus, wird auch sehr schnell
deutlich,
warum.
Es wird nur der Bereich ab ca. 80% Schwarz gestaucht, was dazu führt,
daß
sich die Dunkelheiten dort massiv zusammenschieben und ab 90% doch
alles
zusuppt. Das mag bei kleinen Offsetdrucken eventuell sinnvoll sein,
bei 2 m
großen Schinken auf Leinwand aber nicht.
M.E. wäre eventuell ein Rendering Intent interessant, bei dem der User
selbst Vorgaben machen kann, wie gerendert werden soll und z.B:
festlegen
könnte, in welchen Bereichen eine Tiefenkompensierung greifen soll.
Einige Einstellungen kann man ja jetzt schon vornehmen über die
Erstellung
der Profile, Tiefenkompensierung allerdings nicht.
Viele Grüße aus Schwanheide
Dr. Arthur A. Keller
Kunsthaus Schwanheide
Malerei/Fotografie/Grafik/DTP
Zweedorfer Strasse 127, 19258 Schwanheide
Tel. 038842 - 22506 Fax 22508 Mobil 0172 - 421 00 60
Infos und alle Bilder im Internet:
http://www.fotorealismus.de
http://www.kunsthaus-schwanheide.de
----- Original Message -----
From: "Marius König" <mkoenig(a)cre-aktiv.de>
To: <eci(a)lists.transmedia.de>
Sent: Thursday, April 15, 2004 7:51 AM
Subject: Re: [ECI] AW:RGB-Drucker/Rendering Intents -
perceptiv-rel.farbmetrisch und Schwarz
Hallo Herr Dr. Keller,
am 14.04.2004 21:51 Uhr schrieb Dr. Arthur A. Keller unter
art(a)kunsthaus-schwanheide.de:
> Hallo Herr König,
>
> vielen Dank für Ihre Antworten, ich mußte heute früh erstmal meine
Kunden
> versorgen und diverse Leinwand-Drucke
verpacken.
>
> Wir kommen der Lösung des Problems ja langsam näher.
>
>> Habe zwar noch keine Antwort von Ihnen, aber ich gehe davon aus,
>> dass
Sie
>> eine perzeptive versus Relativ
farbmetrische Farbraumkonversion von
>> RGB
zu
>> CMYK meinen. Unter diesem Aspekt
betrachtet erscheint es mir
>> logisch,
dass
>> das Schwarz nicht ganz dasselbe sein kann
- das "perzeptive" sollte
etwas
>> weniger gesättigt sein (hab's
allerdings nicht ausprobiert).
>
> Genau das ist es, was ich meine.
> D.H. eigentlich erfolgt ja zunächst einmal eine Konversion von
> ECI-RGB
nach
> RGB-Druckerfarbraum mittels RGB-Druckprofil
durch die
farbmanagementfähige
> Anwendung und dann die von Ihnen zitierte
RGB-nach CMYK-Wandlung im
Gerät,
> auf die ich (ohne RIP) keinen Einfluß habe.
>
> Mich wundert ein wenig, daß dieser Effekt offensichtlich so wenig
auffällt.
> Bei den Leinwand-Drucken ist er relativ
stark.
>
> Und das war der Grund, warum mir das bei meinen
> Optimierungsbemühungen
so
> auffiel und ich mich fragte, von welchen
Faktoren diese Unterschiede
> eigentlich abhängen und ob das bei anderen Druckern und z.B. im
Offsetdruck
> oder mit RIP auch so massiv auftritt und ob
es ein Maß gibt, mit dem
> man
das
quantifizieren kann und z.B. sagen kann, das darf so nicht sein, die
Differenz ist zu groß oder eben, das ist so normal und soll so sein.
Es wäre schon interessant, noch ein paar nähere Details zu eruieren,
in
welchem Ausmaß das "normal" ist.
Dr. Bestmann hat ja auch schon einiges erläutert.
Ich denke mal, man muss ganz stark unterscheiden zwischen subjektivem
Empfinden und objektivem "Messen". Wir hatten hier mal folgenden Fall:
Ein Kunde hat Proofs reklamiert und dabei vor allem einen Blauton
moniert,
der ihm "völlig daneben" schien. Es handelte sich um ein intensives
CMYK-Blau, das als glatte technische Tonfläche angelegt war,
allerdings
nicht besonders groß und in einem bunten Umfeld. Er hat uns auch ein
Farbmusterbuch vorgelegt und behauptet, das Blau im Farbmusterbuch
auf der
Basis derselben Farbdefinition sei "völlig anders" als das Blau in
unserem
Proof. Subjektiv hat dies auch wirklich so ausgesehen. Dann haben wir
unser
Spektralfotometer genommen und beide Blautöne
gemessen. Das Ergebnis:
Der
Delta-E-Farbenabstand der Lab-Messwerte war unter 3, das ist eine
Distanz,
die selbst bei aneinander angrenzenden Farbfeldern kaum noch
wahrnehmbar
ist. Nachdem der Kunde uns das schlichtweg nicht abnahm, haben wir vor
seinen Augen den Proof zerschnippelt und beide blaue Farbfelder ohne
Umfeld
direkt nebeneinander gelegt. Und siehe da: Die
"Blaus" waren
tatsächlich
kaum zu unterscheiden.
Soviel zu subjektiver Farbe. Jetzt zu Ihrem Problem: Nachdem Sie
selbst
profilieren, unterstelle ich jetzt einfach mal, dass Sie über ein
Spektralfotometer verfügen. Haben Sie den effektiven Farbabstand im
Druck
zwischen den beiden Schwarz-Tönen schon mal gemessen? Ich möchte nicht
ganz
ausschließen, dass es sich auch hier um ein
subjektives Phänomen
handeln
könnte und dass die Tiefen deshalb unterschiedlich aussehen, weil das
Bild,
perzeptiv gerendert, insgesamt flauer aussieht
als farbmetrisch.
Vielleicht
könnten Sie das mal messtechnisch
falsifizieren...
Gestatten Sie mir zum Abschluss dieses Mails noch ein paar Sätze zum
perzeptiven Rendering Intent. Ich bin ein ziemlich strikter Gegner
dieser
Priorität, wir verwenden sie bei uns auch prinzipiell nicht. Unserer
Erfahrung nach verwendet die Mehrzahl der Fotos einen tatsächlichen,
motivbedingten Farbraum, der weit kleiner ist als Standard-Offset-CMYK
(zumindest die für PK 1/2). Bei allen diesen Fotos wäre es ein
Verbrechen,
sie perzeptiv zu rendern, weil ihr eigener Farbraum ohne Not
eingeschränkt
wird.
Wir arbeiten hier folgendermaßen: Wir verwenden für die Separation
grundsätzlich den relativ farbmetrischen Intent, weil der für farblich
korrekte Umsetzung sorgt. Am Softproof-Monitor arbeiten wir mit
CMYK-Vorschau auf eciRGB-Basis. Haben wir hier nicht tolerierbaren
Zeichnungsverlust in stark gesättigten Farben, dann setzen wir
selektiv an
dieser Stelle deren Sättigung so weit herab, bis der Zeichnungsverlust
tolerierbar wird.
Auch bei Bildern mit großem Farbumfang ist es so, dass ein gewisser
Zeichnungsverlust in Reinfarben in meinen Augen genauso tolerierbar
ist
wie
ein Zeichnungsverlust in Spitzlichtern und
Schlagschatten, der zum
Erhalt
eines vernünftigen Bildkontrastes in der Reprotechnik schon immer
hingenommen wird. Mit perzeptiv kann ich dies nicht steuern. Ich nehme
hier
immer in Kauf, dass der Bildkontrast deutlich
reduziert wird, auch
wenn
überhaupt keine Notwendigkeit hierfür besteht. Deshalb bin ich der
Meinung,
dass für den reproduktiven Bereich kein anderer
Intent in Frage kommt
als
der relativ farbmetrische. Bei Digitalfotos kann man sich darüber
streiten.
Hier kann es legitim sein, wenn man sich um die
individuelle
Bearbeitung
(die der rel. fm Intent immer voraussetzt!) "drücken" will oder muss,
perzeptiv einzusetzen - schon allein deswegen, weil es hier KEINE
OBJEKTIVE
REFERENZVORLAGE zum visuellen Vergleich gibt, wie
bei der
Reproduktion.
Zur Verbesserung dieser an sich unbefriedigenden Situation hätte ich
übrigens schon seit längerem eine Idee, die ich hier mal (Hallo ECI!
Hallo
Color-Solutions!) zur Diskussion in die Runde werfen möchte: Wäre es
nicht
möglich, einen weiteren RI einzuführen, der nicht einfach wie
perzeptiv
alles über einen Kamm schert, sondern der erst mal im Bild untersucht,
welche Bereiche den Color Gamut tatsächlich überschreiten, um dann zu
entscheiden, wie weit die Sättigung in diesem fall wirklich
herabgesetzt
werden muss, um wichtige Zeichnung zu retten - evtl sogar selektiv
nur für
die betroffenen Reinfarben (Namensvorschlag: "Automatisch")? Bin ja
mal
gespannt, was die Kollegen dazu meinen...
Viele Grüße
Marius König
>
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