Hallo zusammen,
> Das eigentliche Problem betrifft vielmehr den
empfundenen
> Kontrastunterschied der Bildschirmdarstellung gegenüber
> Proof/Andruck. Dieses Phänomen könnte auch eine Annäherung der
> Farbtemperaturen zwischen Monitor und Betrachtungslicht nicht
> aufheben, da es sich offensichtlich um ein psychologisches
> Problem handelt.
Ich denke, daß es noch einen entscheidenden Aspekt für die unterschiedlich
empfundene Bildschirmdarstellung im Hinblick auf Proof/Druck und die
Lichtbedingungen gibt.
Man muß ja davon ausgehen, daß der Monitor letzlich nichts anderes als ein
(RGB)-Ausgabegerät ist, welches die verschiedenen durch LAB beschriebenen
Farbräume darstellt, indem die darzustellenden Farbräume mit der
Beschreibung des Monitorfarbraums verrechnet werden und so weiter.
Weiterhin als normal zu bezeichnen wäre der Umstand, daß sämtliche im
Workflow involvierten Farbräume immer nur (mathematische) Teilmengen aus LAB
sind, die keinesfalls immer "ineinanderpassen".
Interessant in diesem Zusammenhang finde ich folgende Tatsache:
Wenn man überprüfen will, wie groß der Monitorfarbraum ist - oder anders
gesagt: ob ein beliebiger Farbraum, der in Photoshop geladen ist, überhaupt
durch den Monitor darstellbar ist, kann man in den Softproof-Einstellungen
als Zielprofil einfach das eigene Monitorprofil auswählen und
Farbumfang-Warnung aktivieren. Man sieht jetzt in einer frei definierbaren
schön-schrecklichen Farbe die Bildbereiche aus z.B. irgendeinem RGB, die der
Monitor gar nicht darstellen kann. Je nach Bild können davon eine Menge an
Pixel betroffen sein, im Extremfall alle.
(Jetzt könnte man ja auf die Idee kommen und sagen "dann ist es ja möglich
daß im Proof oder Druckprozeß Farben auftauchen, die man am Monitor gar
nicht sehen kann" - definitiv ja, aber ich will auf etwas ganz anderes
hinaus).
Jetzt das aus meiner Sicht Interessante: Die Farbumfangwarnung taucht für
den Monitor vor allem in Farbbereichen auf, die (logischerweise) z.B. stark
gesättigt sind und deswegen außerhalb des Arbeitsfarbraums liegen.
Beschneidungen entstehen aber NICHT an der Grauachse. Anders gesagt: Man
definiere eine LAB oder RGB-Datei und erstelle Tonwertabstufungen oder
Verläufe von 0 bis 100 oder von 0-0-0 bis 255-255-255. Man wird feststellen,
daß der gesamte LAB-Farbraum in L-Richtung komplett in das Monitor-RGB
und/oder beliebigem Arbeitsfarbraum-RGB paßt, obwohl der Monitor oder der
RGB-Arbeitsfarbraum nur Teilmengen von LAB sind. Man kann sogar
Tonwertveränderungen im Helligkeitskanal an Graustufen visuell
unterscheiden, die in der Info-Palette das gleiche L haben (256 mögliche
Pixelzustände in 100 L-Einheiten).
Folgerung: Farbraumumfang definiert sich nicht an der L-Achse, sondern in
ab-Richtung bzw. CH-Richtung. Monitor und RGB-Arbeitsfarbraum-Profile wollen
dynamisch in L-Richtung den vollen Umfang darstellen. Wenn das zutrifft, hat
das folgende logische Konsequenzen: Der hellste darstellbare Punkt des
Monitors definiert absolut Weiß bzw. L=100 und der dunkelste darstellbare
Punkt definiert absolut Schwarz bzw. L=0. Das bedeutet, der Monitor
definiert den durch LAB definierten Farbumfang auf sich selber, also "paßt"
den Farbraum auf die eigene Begebenheit Weiß und Schwarz darzustellen ein.
Als problematisch in diesem Zusammenhang sehe ich, daß man, wie in der
Monitordarstellungsdiskussion erwähnt, bei der Darstellung vor allem am
Monitorweißpunkt und in der Tiefe starke Kompromisse machen muß. Der Monitor
schränkt also die Darstellungsmöglichkeit von Licht und Tiefe von
vorneherein sehr stark ein, soll aber gleichzeitig absolut Weiß und absolut
Schwarz von LAB darstellen. Man könnte also sagen, daß der Monitor aufgrund
seiner eigenen Charakteristik den LAB-Farbraum auf seine eigenen
Möglichkeiten in L-Richtung "skaliert".
Wenn man das bei der Beurteilung von Softproofing mit in Betracht zieht
verwundert es nicht, daß CMYK-Farbräume flauer am Monitor erscheinen als sie
in Wirklichkeit sind - sie werden ja von einem schon von vorneherein in
L-Richtung eingeschränkten (skalierten) Ausgabegerät dargestellt und
entsprechend eingepaßt, und da das System ja trotzdem (in seinen eigenen
Darstellungsmöglichkeiten) volle L-Dynamik hat ist der zu simulierende
CMYK-Farbraum wiederum nur eine Teilmenge eines ohnehin schon kleinen
Darstellungsspielraums des Monitors.
CMYK-Profil: ich vermute sehr stark, daß sich ein Ausgabeprofil genauso
verhält, und zwar in dem Sinne als daß sämtliche LUT's sich auf absolut weiß
und absolut schwarz beziehen. Es gibt bei einer normalen Farbtransformation
keine schwarze Druckfarbe oder Papierweiß, es wird von RGB/LAB nach CMYK
immer aufgrund von LUT's separiert die sich auf den vollen Dynamikumfang in
L-Richtung beziehen. Für die Simulation dieses Farbraums auf Bedruckstoff
werden erst im Nachhinein die Informationen des White-point-Tags und des
Black-point-Tags herangezogen, wobei für das Papierweiß der Farbraum
(wahrscheinlich) auf das L des Papiers skaliert und dann das Papier
eingerechnet wird und für den schwärzesten darstellbaren Ton die Information
herangezogen wird, die dem CMYK-Wert 100-100-100-100 (bei nicht limitierter
Testform) in LAB entspricht und darauf skaliert wird.
Normalerweise würde man denken soviel rumrechnerei kann nicht funktionieren,
aber man verändert ja nur die L-Richtung. Farbwinkel und Sättigung bleiben
erhalten. In Wirklichkeit werden die Farben bei Einschalten von "Schwarze
Druckfarbe" nicht weniger gesättigt sondern nur heller (für das Auge nur
weniger gesättigt wahrgenommen).
Falls diese Überlegungen sachlich korrekt sind bedeutet das für einen
korrekten Softproof: Nicht nur das Betrachtungslicht muß auf das
Monitor-Weiß abgestimmt werden, sondern auch der
Simulationsfarbraum-Schwarzeintrag auf die sich aus der Abstimmung des
Betrachtungslicht ergebenden Konsequenzen was die Darstellung der Tiefe des
Proofs/Drucks in Bezug auf die Darstellung am Monitor bestrifft. Der
Einfachheit halber müßte man die Option "Schwarze Druckfarbe" auf der
L-Achse verschieben können, somit kann man nicht nur das Weiß sondern auch
die Tiefe auf die vorherrschenden Lichtbedingungen abstimmen.
Man sollte in Bezug auf die mehrfach angesprochene Wahrnehmungspsychologie
vielleicht auch bedenken, daß man nicht nur Unterschiede sieht wenn man
welche sehen will. Man kann auch Übereinstimmungen sehen wenn man welche
sehen will. Das hängt wohl auch mit der Erwartungshaltung zusammen :-).
Ich stelle sämtliche gemachte Aussagen als Behauptungen/Vermutungen in den
Raum, die bitte nicht so stehen bleiben sollten sofern ich mir Unsinn
zurechtüberlegt habe. Aber in gewisser Weise erscheinen mir viele Dinge in
dieser Form einfach als logisch. Auch sorry wenn ich soweit aushole aber man
kommt von Hölzchen auf Stöckchen und so weiter...
Gruß Andre Schützenhofer