Hallo Herr Ackmann
Nicht alle Druckereien in Deutschland haben soviel Colormanagement-Erfahrung wie
Repro-Firmen, die sich seit Jahren mit dieser Materie beschäftigen.
Der MedienStandard Druck 2001 wendet sich ausdrücklich an die breite Masse der Druckereien
und nicht nur die Spezialisten. Im MedienStandard Druck ist die Anlieferung
medienneutraler Daten in PDF/X-3 Kodierung als eine Empfehlung für die Datenübergabe an
die Druckerei angesprochen, ohne darauf hinzuweisen, das es dazu bestimmter
Voraussetzungen in der Druckerei bedarf, und das solche Daten
grundsätzlich anders bearbeitet werden müssen als im bisherigen Workflow. Mehr Anmerkungen
im Text.
Karsten Ackmann wrote:
Hallo Herr Homann,
ich kann Ihre Besorgnis nicht wirklich nachvollziehen.
Wenn der Empfänger eine gewissenhafte Dateneingangskontrolle durchführt, sollte er
erkennen, dass es sich um medienneutrale PDF/X-3 Dateien handelt.
Dazu muß der Empfänger natürlich wissen, wie er dies genau tun soll. Setzt er den Freeware
PDF-Inspektor ein, so sollte benötigt er Informationen, welche Konsequenzen sich aus den
Prüfoptionen "Nur CMYK und Schmuckfarben" "bzw. Auch ICC und Lab" für
die Weiterverarbeitung ergeben. Diese Informationen liefert zur Zeit weder der der bvdm,
noch die ECI, noch Callas.
Auch während der Verarbeitung in einem RIP muß es nicht zu einer Separation im RIP
kommen. Letztlich entscheidet die Konfiguration vor Ort über die Verarbeitung, welche
letztlich der Dienstleister verantwortet.
Sobald ich medienneutrale Daten in der PDF/X-3 Datei haben, werden diese zwingend im RIP
nach CMYK gewandelt. Wenn dafür nicht im RIP nicht das Profil aus dem Output-Intent bzw.
ein eigenes Profil der Druckerei von Hand konfiguriert wird, kommt im Allgemeinen eine
Standard CDR zum Einsatz, die unbrauchbare Ergebnisse liefert.
Auf diese Schwachstelle wollte ich nochmals hinweisen, da die Sepration medienneutraler
Daten im RIP nach meiner Erfahrung eine sehr exotische Angelegenheit ist, mit der kaum
eine Druckerei Erfahrung hat.
Im Übrigen bleibe ich bei meiner Aussage, daß es sehr viele RIPs für Belichter am Markt
gibt, bei denen dies sehr komplex zu konfigurieren ist.
Wenn man als Evangelist der medienneutralen Auslieferung von PDF/X-3 Daten darauf nicht
deutlich und detailiert hinweist, ist das die beste Voraussetzung, daß PDF/X-3 als
praxisuntauglich tituliert wird, wenn die ersten Druckprojekte aufgrund dieser Fehler
gegen den Baum laufen.
Nach meiner Erfahrung funktionieren Colormanagement-basierte Produktionsabläufe wesentlich
sicherer, wenn das Repro-Unternehmen mit einem Profil der Druckerei oder mit einem
Standard-Profil fertige CMYK-Daten produziert und PDF/X-1a konform an die Druckerei
übergibt.
Wenn man diesen Ablauf eingeübt hat, kann man nach einer gemeinsamen Testphase sicher auf
medienneutrale Anlieferung mit PDF/X-3 umsteigen.
Wenn die ECI und der bvdm nun Workflows propagiert, bei denen ein Großteil der
Colormanagement-Verantwortlichkeit bei der Druckerei liegt, dann sollten sie sehr genau
beschreiben, was die Druckerei vorher machen muß, damit sie in der Lage ist so zu
arbeiten.
Wenn jemand medienneutral arbeiten möchte, so wird er wohl seinen Drucker informieren.
Aber auch wenn nicht, läßt sich mit einer normalen Dateneinganskontrolle dies feststellen.
Genau darum ist mir es wichtig, daß die Drucker im PDF/Inspektor die Unterschiede zwischen
den Prüfkriterien kennen.
Ein Standard ist dann ein guter, wenn er nicht kurz nach erscheinen bereits überholt ist.
Auch wenn medienneutrale Workflows derzeit noch nicht in der Masse präsent sind, so sollte
man diese Möglichkeit in einer Produktionsnorm erfassen.
Wer eine Norm am Markt setzen will, muß auch dafür sorgen, daß nach ihr gearbeitet werden
kann. Ansonsten wird sich diese Produktionsnorm am Markt nicht durchsetzen.
Ausserdem glaube ich, dass eine Zersplitterung der Normen zu einer Verwirrung führt, die
niemand versteht und mit Sicherheit keiner will.
1. ISO-Normen sind eine sehr viel grundsätzlichere Angelegenheit als Workflow-Empfehlungen
für das grafische Gewerbe
2. Die Zersplitterung spiegelt nur die Praxis, da es für den gesamten Workflow beim
Proofen und Belichten sehr uunterschiedlich ist, ob man medienneutrale oder
druckspezifische Daten ausliefert.
3. Auch im PDF/Inspektor, dem Prüftool für PDF/X-3 werden diese beiden Fälle klar
unterschieden aber anders benannt.
Gerade Fachleute sollten alle Möglichkeiten von
PDF/X-3 ausführlich schildern und somit auch ein Bewußtsein für unterschiedliche
Arbeitsweisen schaffen. Wenn ich um die Möglichkeit eines medienneutralen Workflows weiß,
dann bereite ich mich auch darauf vor. Auf etwas unbekanntes ist man mit Sicherheit nicht
vorbereitet. Deshalb kann ich für meinen Teil eine PDF/X-1a Empfehlung nicht unterstützen.
Auch sie als eine der deutschen Repro-Firma mit der meisten Colormanagement-Erfahrung
liefern mit Sicherheit weit über 80% ihrer Daten PDF/X-1a konform aus, weil es das Format
ist, was zur Zeit am sichersten funktioniert.
Die breite Masse will funktionierende Workflows mit Entwicklungsmöglichkeiten. Nur weil
es eine PDF/X-3 gibt, muß ja nicht nur noch ausschnließlich medienneutral produziert
werden. In meinen Augen hängt dies nicht kausal miteinander zusammen.
In meiner Mail habe ich nicht geschrieben, daß es um ein entweder oder zwischen PDF/X-1a
und PDF/X-3 geht. Mir geht es vielmehr darum, daß den Anwendern der Unterschied und die
Konsequenzen (!!!) zwischen druckfertigen PDF/X-Daten (PDF/X-1a bzw. PDF/X-3 mit der
Option nur CMYK und Schmuckfarben) und medienneutralen Daten (PDF/X-3 inkl. ICCbased und
Lab) begreifen.
Im übrigen ist sogar der Response von Anwendern mit geringen oder gar keinen
Farbmanagement-Kenntnissen nicht ängstlich sondern eher interessiert. Wenn PDF/X-3 durch
die Option medienneutral zu arbeiten, auch noch etwas für die Verbreitung von
Farbmanagement in der Breite tut, so ist dies doch absolut begrüßenswert.
Farbmanagement hat den Ruf als Technik die nie richtig funktioniert. Wenn wir das ändern
wollen, müssen die Experten die Lernwilligen an die Hand nehmen und zeigen, wie es sicher
funktioniert. In einem Zeitpunkt, wo selbst in der High-End Repro mit vielen Jahren
Colormanagement-Erfahrung Druckdaten zu weit über 90% als CMYK mit Schmuckfarben
ausgeliefert werden, finde ich es als viel zu verfrüht die
Weitegabe von medienneutralen PDF/X-3 Daten als reif für die Praxis zu titulieren.
Hoffen wir das individuelle Interessen nicht eine an sich gute Idee kaputt machen.
Verunsicherung schadet beiden Standards X-1a und X-3.
Der Standard heißt für mich PDF/X. Die Kenntnis der Unterschiede zwischen der
druckfertigen und medienneutralen Datenanlieferung und der Weiterverarbeitung sind
essentiell um mit PDF/X sicher kommunizieren und arbeiten zu können. Mit welchen
Bezeichnungen diese Unterschiede herausgerarbeitet werden ist nebensächlich, solange man
sie überhaupt sauber herausarbeitet. Diese Herausarbeitung trägt dazu
bei den Anwender die Angst zu nehmen, da sie sich sich bewußt entscheiden können, in
welchen Fällen sie druckspezifisch oder medienneutral arbeiten.
Ich bin der Meinung, daß diese Unterschiede am besten mit den Bezeichnungen PDF/X-1a und
PDF/X-3 herausgerarbeitet werden können. Desweiteren bin ich der Meinung, daß es keine
bessere Basis für eine schnelle Verbreitung von PDF/X-3 gibt, als wenn möglichst viele
Anwender gelernt haben nach PDF/X-1a sicher zu arbeiten, um dann einen bewußten Schritt zu
PDF/X-3 zu machen.
Viele Grüsse aus Berlin
Jan-Peter Homann
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