am 12.06.2001 15:37 Uhr schrieb Michael Maier unter maier.mpj(a)web.de:
... wenn
ein Reprotechniker sehr lange (oder nur) mit der Softproofdarstellung eines
Zeitungsbildes arbeiten würde, träte der zu flaue Bildeindruck vermutlich
nicht auf (es gäbe kein Problem). Wenn aber ständig zwischen einer
kontrastreichen RGB-Monitordarstellung des Rohscans und dem wenig
kontrastreichen Softproof für den Zeitungsdruck !
umgeschaltet wird, erscheint dem Auge der Softproof zu kontrastlos (obwohl er
farbmetrisch dem späteren Druckergebnis entspricht). Die Folge: Der
Reprotechniker korrigiert im schlimmsten Fall die Bilddaten in Richtung
kontrastreich, was nicht funktionieren kann und im Druck höchstens das Bild
"zerreißt".
hierzu möchte ich anmerken, daß man sehr schnell ein gutes Gefühl für die
Unterschiede in der Wahrnehmung entwickelt. Man darf ja auch nicht
vergessen, daß man Auflicht mit "Durchlicht" vom Monitor vergleicht und
schon von vorneherein verfahrenstechnische Differenzen bestehen. Der
Softproof stellt die bestmögliche Annäherung unter den erwähnten Bedingungen
dar. Interessant ist auch, daß wenn man Unterschiede sehen will man auch auf
jeden Fall welche findet. Das hängt wohl auch mit der Erwartungshaltung
zusammen.
Auf jeden Fall empfehle ich Ihnen, einige Zeit mit dem Softproof zu arbeiten
oder arbeiten lassen - Sie werden feststellen, daß Sie auf einmal gar keine
Überraschungen mehr erleben werden (...das sah auf dem Monitor ganz anders
aus...). Mit dem entsprechenden Gespür werden Sie ganz präzise voraussagen
können was im weiteren Ablauf passieren wird, auch mit einem Blick nur auf
den Monitor. Die Proofs und Druckergebnisse werden Ihnen "bekannt" vorkommen
(... das sieht ja genau so aus wie ich es in der Litho gesehen habe...) und
nur bei direktem Vergleich in Tendenzen Unterschiede aufweisen, die sie
meistens auf die verfahrensbedingten Schwankung zurückführen können.
Meine Vermutung lautet deshalb: Selbst ein perfekt
kalibriertes
und profiliertes CMS, könnte das Softproofproblem für den Zeitungsdruck nicht
lösen. Es sei denn, der Monitor wird schon von grundauf im Kontrast dem
Zeitungsdruck angeglichen, was alles andere als sinnvoll ist, um andere
Reproarbeiten (z.B. Akzidenzdruck) zu erledigen. Meine Behauptung: Um zu einem
visuell befriedigenden Ergebnis zu kommen, muß man die korrekte farbmetrische
Übereinstimmung (zwischen Monitor und Druck) verletzen und so "verbiegen",
dass der Monitor das zeigt, was der allgemeinen Farbwahrnehmung als zu
erwartendes Druckergebnis entspricht. Das ist zwar keine schöne Aussicht, weil
es dem streng !
farbmetrisch basierten Colormanagement konträr gegenübersteht, ist abe
r
mgänglich. Obwohl man sich fragen muß, wie sich dieser Ansatz in ein CMS
implementieren ließe.
Besser nicht. Das was Sie sehen ist definitiv das was Sie erhalten.
Mein Hilferuf richtet sich besonders an Kollegen, die
mit Hilfe eines
Zeitungsdruckprofils (z.B. QUIZ von der IFRA) einen absolut farbmetrischen
Softproof einrichten wollten oder eingerichtet haben (noch besser).
Wir haben vor einiger Zeit für die BamS Anzeigen aufbereitet, die von der
Erstellung bis zur Schaltung weniger als eine Woche Zeit hatten. Um korrekte
Drucksimulationen und Retuschegrundlagen zu erhalten blieb als einzige
Alternative die Verwendung des (glücklicherweise) zur Verfügung stehenden
ICC-Profils von Axel Springer für Bild / Bild am Sonntag. Nach geringfügiger
Abstimmung des Papiertons auf unseren Proofprozess und Auflagenpapier war es
möglich, das zu erwartende Druckergebnis zu simulieren, mit in unserem Haus
einstimmigen Urteil daß der tatsächliche Druck und der Proof frappierend
nahe aneinanderliegen.
Man sollte vielleicht auch bedenken daß man es mit der Genauigkeit bei
Zeitungsdruck nicht übertreiben sollte. Zudem existiert noch der vollkommen
unkalkulierbare Parameter Durschschlagen. Bei einer Ausgabe befand sich auf
der Rückseite unserer Anzeige eine Rot-Braune Tabakwerbung, die eine
bläulich-offen wirkende Farbstimmung rötlich wirken ließ.
Zusammenfassend meine ich, daß es momentan keine bessere und schnellere
Lösung gibt, die Abstimmmöglichkeiten in einem offenen System von Monitor
über Retusche über Drucksimulation bis zur Auflage zuläßt, zumal die
Implementierung sozusagen von null auf hundert vonstatten gehen mußte.
Was mir noch zu der Monitordastellung eingefallen ist: Falls das flaue zu
erwartende Druckergebnis eine schlechte Grundlage zur Retusche ist könnten
Sie in den Softproofeinstellungen in PS 6 die Option "schwarze Druckfarbe"
deaktivieren. Das Schwarz wird dann mit dem maximal darstellbaren Schwarz
vom Monitor dargestellt. Sie können auch die Papiersimulation deaktivieren.
Hoffe das hilft weiter. Lassen Sie mich wissen ob ja oder nein.
Grüße, Andre Schützenhofer