Hallo Clemens,
ich habe hier zwar über Probleme mit der Graubalance bei RGB-Profilen
berichtet, auch seltsame Phänomene mit der Gamutwarnung in Corel (10/11),
vermutlich durch falsches Auslesen einer der Profiltabellen bei neuerer
Software, teilweise auch Unzulänglichkeiten in der Art, wie Schwarz mittels
Print Open perceptiv behandelt wird etc..
Die Phänomene allerdings, die Du beschreibst mit den Linearisierungscharts,
halte ich , wie ich Dir bereits gestern privat schrieb, für vollkommen
"normale" Vorgänge in der Profilierung eines RGB-Druckers und keinesfalls
für die Ursache meiner Probleme der Graubalance bei RGB-Druckern.
A) Stellt die Profilierung von RGB-angesteuerten Druckern nur und
ausschließlich eine Lösung zum farbrichtigen Druck von
CMYK-Daten dar und
wenn ja, warum ist das so?
Nein, die Profilierung eines RGB-Druckers stellt in meinen Augen überhaupt
KEINE Lösung zum farbrichtigen Druck von CMYK dar, weil nämlich z.B. aus
Corel Draw CMYK-Daten von dem verwendeten RGB-Farbprofil normalerweise gar
nicht erfaßt werden sondern unverändert an den Drucker gehen.
Wer RGB-Drucker verwendet, sollte auch grundsätzlich in RGB arbeiten, was
ich z.B. auch tue.
Du kannst zwar in Corel z.B. auch absolut farbmetrisch ausgeben und den
Auszugsdrucker durch den Kompositdrucker simulieren lassen, dann könnte das
vielleicht funktionieren, getestet habe ich das bisher nicht. Ansonsten
brauchst Du dafür ein Programm, welches in der Lage ist, zwei Profile zu
verrechnen.
Die Profilierung eines RGB-Druckers dient der Ausgabe von RGB-Daten (!!)
auf ein in RGB angesteuertes, gleichwohl mittels CMYK-Farbe druckendes
Gerät.
Beim Druck der Testform wird Dir auffallen, daß der Drucker sehr wohl ein
schönes gesättigtes Cyan erreicht.
Zum Druck von Cyan benutzt die Testform die RGB-Werte z.B. 0,255,255
(RGB-Cyan). Wenn Du Dir jetzt mal alle möglichen Profile (nicht nur meine
sondern auch andere) betrachtest, wirst Du an Hand der Farbraum-Warnung
feststellen müssen, daß diese Farbe überhaupt nicht druckfähig ist, meines
Erachtens auf gar keinem Medium, also grundsätzlich nicht.
Gedruckt wird LAB 51,56; -27,8; -50,33 um mal ein Beispiel für lackierte
Leinwand zu nennen (Feld B5 bei PrintOpen-135-Meßfelder-Testform).
Wenn ich diesen Wert jetzt als Farbe in einem RGB-Bild eingebe, erhalte ich
in Corel einen wunderbaren intensiven Cyan-Ton, der gut mit dem Cyan der
gedruckten Testform (ohne Profil) übereinstimmt und an der Grenze des
Farbraumes liegt, wie zu erwarten ist. Diesen Wert wird der Drucker auch
wunderbar ausgeben.
Für RGB-Cyan (0,255,255) wird in der Farbvorschau vollkommen korrekt
angezeigt, daß der Wert außerhalb des druckbaren Bereichs liegt und ein
Blaugrün ausgegeben würde, was auch passiert, weil eben RGB 0,255,255
MEILENWEIT außerhalb des druckbaren Gamuts liegt.
Wenn Du jetzt Proofdrucke machen wolltest, dann müßte man die Abweichungen
zum Cyan im Offsetdruck heranziehen bzw. zu einem CMYK-Cyan.
Bedenke bitte, daß RGB 0,255,255 nicht dem Farbton des Offset-Cyans
entspricht und auch keinesfalls dem von 100,0,0,0 in CMYK!!
Es ist zwar eine direkte Beziehung zwischen CMY und RGB, nicht aber zwischen
CMYK und RGB vorhanden. Diese Wandlung ist nicht reversibel. Außerdem sind
lange nicht alle RGB-Werte, die man auswählen kann, druckfähig. Da fallen
immer wieder viele darauf rein, auch viele meiner Kunden. Die knallblaue
Erdbeere, wie Sie mir ein Kunde lieferte, RGB 0,0,255, sieht zwar am
Bildschirm TOP aus, wird aber im Druck nicht nur auf Leinwand, sondern auch
den meisten anderen Medien ein ziemlicher Flop werden.
Das ist bei CMYK anders! Passendes Papier usw. vorausgesetzt, sind
normalerweise die Werte aus diesem Farbraum (fast) alle druckfähig und es
geht allenfalls darum, die Abweichungen möglichst gering zu halten.
Daß das RGB-Profil hier nicht wesentlich anders arbeitet als CMYK-Profile,
siehst Du dann, wenn Du RGB 0,255,255 nach CMYK wandeln würdest. Es gibt
genau diesen blaugrünen Ton, den Du bei meinen Drucken moniert hast.
Du denkst einfach zuviel in CMYK. Das ist bei RGB nicht angesagt, auch diese
ganze "Linearisierungs-Orgie" ist bei RGB angesteuerten Druckern meines
Erachtens und auch nach Bruce/Fraser nur insofern von Interesse, als daß
natürlich nicht grob falsch vorlinearisierte Druck-/Medieneinstellungen
verwendet werden sollen.
Wenn das Schwarz von 0-100 aufs Papier kommt, das ganze nicht in Tinte
ertrinkt, die Graubalance auch ohne Profil im wesentlichen stimmt und die
Zuwachskurven auch etwa "normale" Werte haben, dann wird ein ordentliches
RGB-Profil Dir zu guten Ausdrucken verhelfen!
Daß man gfs. noch im Profil nachkorrigieren muß, ist meines Erachtens auch
eher der Regelfall als die Ausnahme und dürfte bei CMYK-Profilen mit RIP
auch nicht anders sein.
7.) Damit ist auch endlich klar, was Herr Keller betr.
Graubalance
beanstandet: Es entsteht aus dem offensichtlich beim Druck von RGB-Daten
gar nicht funktionierenden ICC-Profil!
NEIN, nein, und nochmals NEIN!
Wenn ich bezüglich Graubalance hier von Unregelmäßigkeiten sprach, dann
meine ich wirklich und ausschließlich die Graubalance. Über schlechte Farben
nach Profilierung habe ich mich noch NIE beschwert (meine Kunden auch nicht)
und diese "Phänomene" wie Du Sie jetzt beobachtet hast, haben mit der
Graubalance oder irgendwelchen "Fehlern" der RGB-Profile überhaupt nichts zu
tun sondern sind vollkommen korrekte Anpassungen der Farben durch ein
korrekt arbeitendes RGB-Profil. Ich hatte ja bereits versucht, Dir die Sache
durch Bildschirmfotos verständlich zu machen. Ich muß leider nochmals sagen,
daß Du mit den RGB-Profilen offenbar einiges noch nicht verstanden hast und
ich hoffe, daß es jetzt vielleicht klarer wurde.
Es macht auch nicht den rechten Sinn, eine Testform oder ein
Lineariesierungschart nochmals mit Profil zu drucken. Das RGB-Profil wird an
Fotos geprüft, z.B. das Bild vom Foto-Industrieverband, wo auch alle
möglichen Dinge wie Farbverläufe, das Gamutverhalten von Farben etc. mit
abgeprüft werden und noch ein Grauverlauf zur Prüfung der Graubalance.
Eine ganz andere Problematik sind Versuche, Profile aus Office-Anwendungen
heraus einzusetzen, weil hier nach meinen Beobachtungen der Farbraum der
Drucker künstlich auf sRGB verkleinert wird und man erstmal herausfinden
muß, in welchen Treibereinstellungen die Sache überhaupt funktioniert. Das
lassen wir jetzt hier mal außen vor.
Viele Grüße aus Schwanheide
Dr. Arthur A. Keller
Kunsthaus Schwanheide
Malerei/Fotografie/Grafik/DTP
Zweedorfer Strasse 127, 19258 Schwanheide
Tel. 038842 - 22506 Fax 22508 Mobil 0172 - 421 00 60
Infos und alle Bilder im Internet:
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----- Original Message -----
From: "Clemens M. Hürten" <clemens.huerten(a)gmx.com>
To: <eci(a)lists.transmedia.de>
Cc: "Arthur A. Keller via Atelier" <mail(a)atelier-keller.com>
Sent: Monday, June 28, 2004 11:25 PM
Subject: Profilierung und Graubalance-Probleme bei RGB-angesteuerten
Druckern
> Hallo!
>
> Seit Längerem regen mich die Ungereimtheiten bei der RGB-Profilierung
> genau so auf, wie Herrn Keller. Das Problem liegt u.a. auch darin, dass
> weder in gängigen Lehr- und Fachbüchern noch in der Beschreibung der
> Profilierungsprogramme auch nur ansatzweise wesentliche Details erklärt
> werden. Die dauernden zeitraubenden Versuchsdrucke und deren Vermessung
> mit nachfolgender Auswertung machen keine Freude, weil man anscheinend
> nicht zum Ziel kommt. Es ist halt ein dauerndes "Stochern im Nebel".
>
> Nachdem hier in der Liste befürwortet wurde, dass man RGB-angesteuerte
> Drucker sehr wohl so genau profilieren könne, dass damit zumindest
> "Beinahe-Proofs" möglich sind, und weil ich mit meinem Best-RIP 4.6.3
> nicht glücklich bin, sah ich hier einen Ausweg, den es zu prüfen galt.
>
> Voraussetzungen für meine Versuche udn die folgenden Ergebnisse:
> Epson Aculaser C8500
> Epson StylusColor 900
>
> Messung mit EyeOnePro und basICColor catch
> Profilierung mit basICColor 3c
>
>
> Feststellungen:
> 1.) Alle erstellten RGB-Profile beginnen in der 3-D-Ansicht (ICC-View)
> erst bei etwa L=30 oder noch höher und zwar identisch bei rel. farbmetr.
> und bei percept. RI. Zudem scheint der Gamut doch eingeschränkt zu sein.
> Das verstehe ich deshalb nicht, weil doch ansonsten das zur Profilierung
> gedruckte Target hervorragende Tiefen hat! Hier beim Druck des "billigen"
> Office-Inkjet-Druckers:
>
> Office-Papier beschichtetes Papier
> WP= 93,8 1,3 -7,3 93,3 3,1 -7,3
> C 55,0 -28,5 -47,5 46,3 -26,9 -58,5
> M 52,0 64,8 0,4 46,4 75,9 9,0
> Y 87,4 2,6 80,8 86,3 5,8 108,9
> K 25,3 0,9 0,9 15,6 2,1 -1,9
>
> 2.) Beide Drucker gehen bereits deutlich vor Erreichen der 100%-Felder in
> die Begrenzung durch den max. Tintenauftrag, nämlich etwa bei 80%.
>
> 3.) Beide Drucker erzeugen beim Druck des Linearisierungs-Targets aus den
> dort definierten RGB-Feldern hervorragend dichte Primärfarb-Felder Cyan,
> Magenta, Yelllow und Schwarz!
>
> 4.) Drucke ich CMYK-Daten samt Medienkeil aus farbmanagementfähigen
> Programmen heraus auf diesen Druckern aus, erhalte ich ebenfalls diese
> hervorragend dichten Primärfarbfeldern (max. Dichte).
>
> 5.) Drucke ich CMYK-Graustufenkeile, so sind diese schön linear und haben
> eine einwandfreie Graubalance!!! (Hallo Arthur! ;-) Sogar die Vorgaben
> von ISO coated werden fast eingehalten (wie ich schon mal hier mitteilte)
>
> 6.) Sobald ich RGB-Daten drucke, natürlich ebenfalls mit aktivem
> Farbmanagement, z.B. die RGB-Linearisierungscharts von basICColor, dann
> entstehen plötzlich extreme Farbfehler: Aus Cyan wird ein leuchtendes
> Türkis, aus Magenta ein blasses Magenta, weit entfernt vom Volltonwert,
> Gelb geht ja noch fast, verschmutzt aber in den Lichtern und: Ja die
> Graubalance ist natürlich auch "voll daneben".
>
7.) Damit ist auch endlich klar, was Herr Keller betr.
Graubalance
beanstandet: Es entsteht aus dem offensichtlich beim Druck von RGB-Daten
gar nicht funktionierenden ICC-Profil!
>
>
> Herr Keller erhält oder erzeugt RGB-Daten und versucht eben diese
> farbrichtig zu drucken. In seinem Workflow wäre es doch reichlich
> "abartig" und kontraproduktiv, die RGB-Daten in irgendeinen möglichst
> großen CMYK-Farbraum transformieren zu müssen, bloß damit man dann
> farbrichtig auf einem RGB-Drucker (!!!) ausdrucken kann!
>
>
>
> Ich habe Arthur Profile für seinen Leinwanddruck mit basICColor 3c
> erstellt und jetzt auch zur Kontrolle die ausgedruckten Linearitätscharts
> von basICColor 3c erhalten, einmal gedruckt ohne Farbmanagement und einmal
> gedruckt unter Anwednung des von mir erstellten Profils. Wenn man die
> beiden Drucke nebeneinander legt, hat man den Eindruck, dass beide Drucke
> falsch beschriftet / vertauscht wurden!!!
>
>
>
> Ich vermute, dass hier in der Liste zu Gunsten des "seriösen Offsetdrucks
> und Proofdrucks" diese RGB-Thematik eher wohl nicht ernst genommen wird,
> sonst hätten sich mehr Teilnehmer an dieser Diskussion beteiligt, oder?
>
>
> Dennoch mache ich hier einen erneuten Versuch zur Klärung udn stelle
> folgende Fragen:
>
> A) Stellt die Profilierung von RGB-angesteuerten Druckern nur und
ausschließlich eine Lösung zum farbrichtigen Druck von
CMYK-Daten dar und
wenn ja, warum ist das so?
>
> B) Was muss getan werden, damit man RGB-Daten ebfalls farbrichtig drucken
> kann? Muss es dafür "besondere" Profile geben, die evtl. mit einer
> "Spezial-Profilierungssoftware" erstellt werden müssen?
>
> C) Worin liegt die Ursache für die von mir oben beschriebenen
> Druckergebnisse mit RGB-Daten?
>
>
>
> Ich würde mich sehr freuen, wenn diese Fragen geklärt werden könnten - und
> Herr Arthur Keller sicher auch!
>
>
> --
> Einen angenehmen und erfolgreichen Tag,
> das wünsche ich Ihnen
>
> - Clemens M. Hürten -
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