Hallo Herr Stiller,
Herr Richard und Herr Gieseke haben's im Prinzip schon erwaehnt: Lab (oder L*a*b*)
selber schert sich recht wenig um D50 oder D65.
Denken Sie an ein Metall-Lineal. Dieses misst Ihnen 1 meter, allerdings aendert sich das
Lineal selber abhaengig von der Umgebungstemperatur. Messen Sie also ein Objekt aus dem
gleichen Material, kann Ihnen das egal sein. Verwenden Sie ein Alu-Lineal zum Messen von
Kupfer wird's kritisch (Stichwort: BiMetall-Schalter, wie er in Thermostaten verwendet
wird).
Das gleiche gilt fuer Lab. Dies ist im Prinzip nur Ihr Lineal. Unter welchen
Temperaturbedingungen Sie messen bleibt Ihnen ueberlassen - bzw wird in der Regel
abgesprochen: D50 oder D65.
(oh, und wenn Sie meinen, dass die Temperatur bei einem Lineal keine Rolle spielt, schauen
Sie sich mal die Definition auf Wikipedia an oder wie das "Ur-Meter" in Paris
gelagert wid)
OK, so - die Lichtquelle spielt also eine Rolle beim Messen, aber was danach? Kann ein
Datensatz darauf ueberprueft werden wie er gemessen wurde und wie kann umgerechnet
werden?
Hier hinkt der Vergleich mit dem Meter ein wenig. Denn Farbdaten sind genaugenommen sehr
komplexe spektrale Reflektionsdaten. Der Lab-Wert einer gemessenen Farbe ist ein
gemitteltes Reflektionsverhalten auf eine spezifizierte Beleuchtung.
Wieder ein Beispiel:
Nehmen wir nochmals unser Lineal. Ich gebe Ihnen zusaetzlich 100 Muenzen. Verteilen Sie
nun die Muenzen so auf 32 moegliche Positionen auf dem Lineal, dass wenn Sie es bei 40cm
auf ihren Finger legen es sauber ausbalanziert ist. Sie werden sehr schnell sehen, dass es
eine beliebige Anzahl an Platzierungsmoeglichkeiten gibt, die dies erreichen - aber alle
haben den 40cm Gewichtungspunkt (= unser L*a*b*-Messwert) gemeinsam.
Was Sie gerade gesehen haben sind metamerisch identische Farben. Also Farben, die unter
einer bestimmten Lichtquelle identisch aussehen, jedoch bei Aenderung der Lichtquelle sich
aendern.
Wie kann die Lichtquelle veranschaulicht werden?
OK, machen wir weiter:
- Lineal mit 32 Positionen (unsere nanometer Messpunkte)
- bis zu 100 Muenzen pro Position zu positionieren.
Diesmal gebe ich Ihnen 32 Toepfe und 100 Muenzen in jedem. Jeder einzelne Topf beinhaltet
nur eine Muenzensorte aus einem Land; somit haben Sie 32 verschiedene Muenzen zur
Auswahl.
Sortieren Sie nun die Toepfe in alphabetischer Reihenfolge der Herkunftslaender.
Positionieren Sie nun beliebig viele Muenzen so, dass an Position 1 nur Muenzen aus Topf 1
verwendet werden duerfen, Pos2 = Topf2 und so weiter.
- und wieder haben wir 40cm ausbalanziert
Die Kurve unserer Muenzen ist nun unsere Farb-Spektralkurve unter Lichtquelle A (=
alphabetische Laendersortierung).
Jetzt aendern wir die Lichtquelle!
Die Reihenfolge der Topfnummerierung ist jetzt Groesse des Ursprungslandes in
Quadratkilometern. (Einwohnerzahl, Bruttosozialprodukt, ...)
Positionieren Sie nun exakt die gleiche Anzahl an Muenzen wie eben aus Topf1 an Position1
und so fort. Die Muenzen und ihre Gewichte haben sich jetzt allerdings veraendert.
Wo ist Ihre Balance jetzt?
Sie wissen die neue Sortierreihenfolge der Toepfe (D50 Lichtquelle) und sie wissen, dass
es unter der alphabetischen bei 40cm (unser unter dieser Lichtquelle gemessener
L*a*b*-Wert) war.
Sie wissen allerdings nicht, wie die Muenzen verteilt waren. Daher ist es unmoeglich
vorauszusagen, wie sich die Veraenderung auf den Schwerpunkt auswirkt. Niedriger, hoeher
oder gleich??? Probieren Sie es, es geht nicht.
Die Lichtquelle (D50, D65, A, C, ...) kommt bei der Umrechnung der spektralen Messung
einer Farbe (= 32 Prozentwerte der Reflektion an 32 bestimmten Lichtwellenlaengen, typisch
von UV nach IR in 10nm Schritten) in einen einzigen L*a*b* Wert (immer noch 3 Nummern) zur
Verwendung. Also beim Feststellen eines Balancepunktes. Danach kann diese Info bestenfalls
noch als Referenz dienen, um sicherzustellen dass hier wie dort die gleiche
"Topfreihenfolge" bei der Feststllung von Balancepunkten zum Einsatz kam.
Bei einem ICC-Farbprofil, welches aus > 1000 Messungen (= Balanceresultaten) besteht
ist die Neusortierung von Muenzen noch viel weniger vorhersehbar und kann unterschiedliche
Farbbereiche sehr unterschiedlich treffen. Zum Glueck verwenden Sie im Druck normalerweise
nur 4 Tinten (C, M, Y, K) und jede dieser 4 Tinten hat seine eigene spektrale Kennlinie,
aber nur diese 4 steuern ihren Beitrag zu einer Profilkennlinie bei, daher sind
Aenderungen von Beleuchtung fuer eine bestimmte Druckfarbentype einigermassen planbar.
Vorsicht Falschgeld!
Es gibt noch einen interessanten Effekt: optische Aufheller.
Dies sind organisierte Faelscher, welche sich auf Muenzen aus Topf 0 (unsichtbares UV
Licht) spezialisieren und diese teilweise umstempeln und in Topf 1 untermischen. Bei der
spektralen Messung kann dies dadurch festgestellt werden, dass an Position 1 ploetzlich
110 Muenzen gestapelt sind...
Ein UV-Cut-Filter in einem Messgeraet stellt sicher, dass Topf 0 gar nicht erst auf den
Tisch kommt und unsere Faelscher somit nichts haben, womit sie arbeiten koennen (aus
Langeweile schmeissen die Ihnen vielleicht trotzdem 1 oder 2 Muenzen aus Topf 1 in Topf 2,
aber das spielt keine wirkliche Rolle in der Messung)
D50 zu D50
Es gibt leider noch ein Problem:
Die Lichtquellen (unsere 32 Toepfe mit jeweils 100 Muenzen) sind mehr oder weniger dadurch
spezifiziert, dass alle 32 volle Toepfe auf das Lineal gestellt werden und dann der
Schwerpunkt (5000K, 6500K, ...) festgestellt wird. Die unterschiedlichen Hersteller von
Lichtquellen die in der Farbkontrolle zum Einsatz kommen - und das bedeutet Leuchtboxen
als auch Lichtquellen in Messgeraeten - sind nur unzureichend genormt.
Verschiedene Messgeraete koennen also unterschiedliche Messwerte trotz gleichem
Lichtstandard produzieren und ebenso ist es moeglich, dass Farben in verschiedenen
Leuchtkaesten (z.B. Just in Deutschland, Verivide in England und GTI in Amerika)
unterschiedlich aussehen.
Standardisierung schreitet hier jedoch voran und neueste Geraetegenerationen haben meines
Wissens hier deutliche Verbesserungen.
(doch sind weltweit jede Menge aelterer Modelle im Einsatz bei welchen die Lichtquellen
nicht an eine Standardisierung heranreichen)
Willkommen in der Welt des Color-Management.
Hoffe, dies war einigermassen verstaendlich
Mit freundlichen Gruessen
Juergen Roesch
(auf amerikanischem Notebook getippt ohne Umlaute/Umlautshortcuts)
-----Original Message-----
From: eci-bounces(a)lists.callassoftware.com [mailto:eci-bounces@lists.callassoftware.com]
On Behalf Of Gieseke, Frank
Sent: Thursday, September 01, 2011 7:25 AM
To: eci(a)lists.callassoftware.com
Subject: Re: [ECI] Verschiedene Lab-Farbräume?
Hallo Herr Stiller,
Beleuchtung mit verschiedenem Licht (z. B. D50 oder D65) gibt verschiedene
Reflektionen = Farbeindrücke.
Darum werden unter verschiednenen Beleuchtungen auch verschiedene Lab-Werte
für ein Farbfeld gemessen - Software-Beispiele: GMG Spotcolor-Editor
Misst man dort mit verschiedenen Voreinstellungen für das Farbmessgerät
bekomt man verschiedene Werte, die auch in verschiedene Proof-Drucker-cmyk
umgerechnet werden. Weiteres Beispiel i1-Share, eine mit dem Gretag i1
gelieferte Farb-Umrechnungs-Software.
Anspruch des Kunden mit D50, schreiben sie.
D50 / 5000 Kelvin ist ist eine normierte Betrachtungsumgebung für
Offsetdruck, Tiefdruck und Bestandteil der PSO, soweit ich mich auskenne.
Ob der Photoshop-Lab-Modus D50 oder D65 rechnet, kann ich nicht sagen, nehme
aber an, dass er sich an der US-Druck-Norm SWOP orientiert. Deren
Betrachtungs-Lichtnorm ist mir allerdings nicht bekannt.
Frage an den Kunden sollte sein, wohin diese geräteunabhängigen Daten sollen
- sollen sie medienneutral für Web (sRGB) und Druck (cmyk coated oder
uncoated oder Zeitung sein?
Reichte dann nicht Adobe RGB, um sich diese konkreten Ausgabe-Optionen offen
zu halten?
Ich hoffe, diese Puzzle-Stückchen helfen Ihnen.
Mit freundlichen Grüßen
Frank Gieseke
Am 01.09.11 12:07 schrieb "Markus Stiller" unter
<markus.stiller(a)aktivcomm.de>de>:
Hallo liebe Liste,
Der (wenigen) Literatur die ich bisher gelesen habe ist immer nur die rede
von einem L*a*b*-Systems, weil dieses auf echte Geräteunabhängigkeit
ausgelegt ist und als Referenzfarbraum dient.
Nun sollen Daten für "L*a*b* D50" aufbereitet werden und der Kunde behauptet
steif und fest, dass dies ein spezieller Farbraum ist, der für seine
Ansprüche aus den verschiedenen L*a*b*-Systemen ausgesucht wurde.
Gibt es wirklich verschiedene L*a*b*-Farbräume?
Falls ja, wie kann ich mit einem anderen im Photoshop arbeiten?
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Frank Gieseke, Grafic Department
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