Hallo Claas, hallo Liste,
nachdem aus Sicht einer möglichst standardisierten Prepress Deine Lösungsmöglichkeit 1
wohl eher ausscheidet (oder sollte/ wollte jemand für jedes Druckpapier ein
Aufheller-passendes Proofpapier vorrätig halten, natürlich profiliert und kalibriert!?)
...
Ergänzend zu den Ausführungen von Claas vielleicht noch ne
Lösungsmöglichkeit 5 (im Einsatz):
Abhängig von verwendeter Messtechnik und Normlichtbedingung lassen sich die visuellen
Effekte der optischen Aufheller über einen von uns empirisch ermittelten Algorithmus
berechnen.
Über die Berechnung und Gegenüberstellung temporär 'aufhellerbefreiter'
Charakterisierungsdaten (zB Standard zu Druck oder Proof zu Druck) lassen sich so visuell
sehr gut vergleichbare Ergebnisse erzielen/ berechnen, unabhängig vom Unterschied im
Anteil der optischen Aufheller in Druck- und Proofpapier.
Da bei aller Brisanz dieses Themas die aktuellen mathematisch-wissenschaftlichen Ansätze
noch keine praktikablen Lösungen zeigen, macht es durchaus Sinn, sich hier trotzdem eben
solchen zu widmen, oder?
Gruß aus Tübingen
Juergen Seitz
-----Original Message-----
From: eci-bounces(a)lists.callassoftware.com [mailto:eci-bounces@lists.callassoftware.com]
On Behalf Of Claas Bickeböller
Sent: Montag, 27. Juni 2011 12:00
To: eci(a)lists.callassoftware.com
Subject: Re: [ECI] FW: Gibt es Änderungen bei den Vorgaben für die Farbabmusterung oder
der zu verwendeten Normlichtart?
Sehr geehrter Herr Fellner, sehr geehrte Mitleser,
wie Claudio bereits ausgeführt hat, ist seit 2009 die Abmusterungsnorm dahingehend
geändert worden,
dass nun auch endlich der UV-Anteil der Lichtart D50 eingehalten werden muss*.
Das ist meiner Ansicht nach sehr begrüssenswert, da im Alltag, in dem die meisten
Druckprodukte genutzt werden, auch UV-Licht vorhanden ist. Inzwischen sind auch die
Hersteller von Normlicht in der Lage, die neuen Vorgaben einzuhalten.
Siehe z.B. hier:
http://www.fogra.org/plugin.php?Hersteller_45=&Konformitaetsklasse_48=1…
Wollen wir nun, dass unsere Farbmessung das wiederspiegelt, was wir sehen, müssen wir die
Abmusterungslichtart erstens als Bezugslichtart wählen. Für eine reflektierende Probe
ergibt sich dann der Farbwert aus Reflektionsspektrum, Beobachter und Bezugslichtart.
Dabei ist die bei der Messung konkret genutzte Lichtquelle relativ egal, solange sie ein
kontinuierliches Spektrum aufweist. Daher findet man in den meisten Messgeräten heute
Glühlampen als Lichtquelle.
Dieser Messmodus wird in der "Messnorm" ISO 13655:2009 als M0 bezeichnet.
Leider haben wir durch optische Aufheller in Papieren keine rein reflektierende Probe mehr
und messen auch keine reine Reflektion mehr**, was das ganze etwas komplizierter macht.
Optische Aufheller sind Stoffe, die Energie im UV-Bereich aufnehmen und diese Energie im
sichtbaren Bereich wieder abgeben. Im Falle von Papier ist dies eigentlich immer im
"blauen" Spektralbereich. Somit messen wir eine Kombination aus Reflektion und
Fluoreszenz. Der gemessene Fluoreszenzanteil hängt nun davon ab, wie viel UV-Energie
überhaupt vorhanden ist. Will man messen, wie stark der Aufheller unter D50 angeregt wird
(wie hell er "leuchtet"), muss im Messgerät eine Lichtquelle genutzt werden, die
den Aufheller genauso anregt, wie D50 es tut. D50 nur als Bezugslichtart ist nicht mehr
ausreichend. Dieser Messmodus wird M1 genannt und liefert den für D50 korrekten spektralen
Strahldichtefaktor.
Ob es ein Marketinggag ist, wenn ein Messgerät das korrekte Spektrum liefert, darf jeder
selbst entscheiden. Aber es ist schon erstaunlich, dass KonicaMinolta und Barbieri die
gleiche "Marketingidee" hatten und dass das technische Kommitee der ISO so einen
Marketinggag extra normiert.
Das konkrete Problem Ihrer Proof zu Druckübereinstimmung wird, wie Claudio schon sagte,
nicht allein durch M1 gelöst. Es ist leider nicht möglich, ein optisch aufgehelltes Papier
zu simulieren, wenn das Proofpapier im Vergleich zu "gelb" ist. Aber genau das
ist das, was sie unter D50 sehen und was Ihnen ein M1-Messgerät voraussagt.
Lösungsmöglichkeit 1:
Ein Proofpapier zu verwenden, welches ähnliche Fluoreszenzeigenschaften aufweist wie das
Auflagenpapier, ist die einfachste Möglichkeit stark aufgehellte Auflagenpapiere zu
simulieren.
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Mit dem KonicaMinolta FD-7 sind Sie in der Lage zu messen, ob ein Papier fluoresziert und
wie stark es fluoresziert.
Ob es fluoresziert, können Sie auch durch eine Vergleichsmessung M0 vs. M2 (= etwas
UV-Licht vs. kein UV-Licht) herausfinden. Die Stärke der Fluoreszenz unter D50 können Sie
aber nur mit M1 (oder einem ultrateuren und nicht mehr kommerziell verfügbaren
Bispektralgerät) bewerten. Mit dem FD-7 können Sie neben M1 jede beliebige Lichtquelle als
Messlichtquelle einstellen (also z.B. auch ein M0-Gerät simulieren).
So sind Sie in der Lage vorher zu wissen, wie stark das Auflagenpapier aufgehellt ist und
können ein passenden Proofpapier auswählen.
Daneben kann es noch viele andere Dinge, wie Normlichtmessung inkl. UV, die ich aber gerne
Off-list erkläre.
---------- Werbeblock Ende
Natürlich hat die Verwendung eines aufgehellten Proofpapiers den Nachteil, dass es nicht
alterungsbeständig ist.
Solange man dies aber offen kommuniziert, ist es eine Lösungsmöglichkeit.
Lösungsmöglichkeit 2:
Die Verwendung einer UV-Cut-Abmusterung (also ähnlich einiger ISO 3664:2000 Kabinen) hat
natürlich den Charme, dass man "das Aufhellerproblem" einfach umgeht. Das sehr
uncharmante daran ist aber, dass bei der Abstimmung (übertrieben gesagt) ein typisches
stark aufgehelltes Naturpapier genauso aussieht wie ein Zeitungspapier, da diese sich nur
durch den Aufhelleranteil unterscheiden.
Lösungsmöglichkeit 3 (daran wird gearbeitet):
Herausfinden, welche Unterschiede in der Fluoreszenz bei der Proof-zu-Druck-Abstimmung für
das Auge tolerabel sind.
Hierbei ist aber wieder die korrekte messtechnische Bewertung der Fluoreszenz erste
Grundvoraussetzung (also ein Messgerät mit kontrollierter UV-Anregung. Für eine gute
D50-Simulation also M1).
Lösungsmöglichkeit 4 (zugegebenermassen sehr exotische Idee und nicht von mir):
Aufhellerfreies Proofpapier beim Proofing mit Aufheller bedrucken, um identische
Fluoreszenz herzustellen. Auch hierbei ist wieder die korrekte messtechnische Bewertung
unabdingbar.
Sie sehen, dass das Grundproblem die mangelnde Übereinstimmung in der Fluoreszenz
(Aufhelleranteil) zwischen Auflagen- und Proofpapier ist. Dies ist vergleichbar mit dem
Versuch, ein Papiertyp 1 auf Zeitungsproofpapier zu simulieren.
Hier kann kurzfristig Lösungsmöglichkeit 1 helfen. An Lösung 3 wird gearbeitet.
Hinzu kommen die noch grossen Unterschiede der Abstimmkabinen, die aber nach und nach mit
dem korrekten UV-Anteil ausgestattet werden. Hier ist explizit Konformität zur ISO
3664:2009 und nicht :2000 nötig.
Sie sehen, dass so langsam Abmusterung (durch ISO 3664:2009) und Messung (durch ISO
13655:2009 M1) näher zusammenrücken. Dass damit noch nicht alle Fragen beantwortet sind,
ist denke ich auch klar geworden.
M1 als völlig ungeeignet zu bezeichnen ist allerdings genau so falsch wie M0 als völlig
ungeeignet zu bezeichnen.
Mit freundlichen Grüssen
Claas Bickeböller
Application Engineer
Graphic Imaging EMEA
Konica Minolta Sensing Europe B.V.
Swiss Branch Dietikon
Riedstrasse 6
CH - 8953 Dietikon
Phone: +41 43 322 98 04
E-mail: Claas.Bickeboeller(a)seu.konicaminolta.eu
Website:http://www.konicaminolta.eu
* Das war auch in der Fassung von 2000 der Fall, allerdings war die Toleranz so
"zahnlos", dass faktisch auch eine "UV-Cut-Kabine" die Toleranzen
einhalten konnte. Das führt dazu, dass der UV-Anteil in den Kabinen sehr unterschiedlich
sein durfte. Konkret ist die Toleranz für den UV-Bereich MIuv von 4 auf 1,5 geändert
worden.
** Wir messen eigentlich immer den spektralen Strahldichtefaktor, der bei einer rein
reflektierenden Probe identisch mit dem Reflektionsfaktor ist. Ob wir allerdings eine rein
reflektierende Probe haben, ist erst durch einen Vergleich zweier Messungen mit
unterschiedlicher UV-Anregung herauszufinden oder durch eine Bispektralmessung.
Am 25.06.2011 um 11:19 schrieb Claudio Wilmanns:
Hallo Uwe,
gut, in dem Punkt ich meine Aussage wohl relativieren.
Tatsache ist aber doch, dass das Auge zumindest teilweise auf das hellere (und
"weißere") Papierweiß des Auflagenpapiers adaptiert.
Im direkten Vergleich von Proofpapier und Auflagenpapier wird das Proofpapier dann doch
viel gelblicher wirken. Das meinte ich auch mit "was das Auge unter der
Referenzlichtart tatsächlich wahrnimmt".
Viele Grüße
Claudio
Am 24.06.2011 um 13:37 schrieb Uwe Richter:
Hallo Claudio,
mit Interesse habe ich Deine Ausführungen zu Normlicht und den M1 bzw. MO Messbedingungen
gelesen.
In einem Punkt stimme ich allerdings gar nicht mit Dir überein. Du schreibst, dass die
Messung mit M1 dann besser dem visuellen Eindruck unter der Abmusterungsleuchte
entspricht. Letztendlich werden aus den Messungen doch Lab-Werte berechnet. Diese
Berechnung ist für fluoreszierende Oberflächen überhaupt nicht gedacht. Wie Du schon
ausgeführt hast, verschieben sich die b*-Werte noch weiter in Richtung blau. Für das Auge
wird es aber heller und "Weißer".
Die M1 Messbedingung mit einem definierten und regelbaren UV-Anteil ist sehr gut, für die
Vergleichsmessung von optischen aufgehellten Papieren. Sie ist aber meiner Meinung nach
tötlich für die Farbmessung und das ColorManagement auf optische aufgehellten Papieren.
Natürlich ist das ein guter Marketinggag von Minolta, den die ordentlich ausschlachten.
Für die parktische Messung in der Druckindustrie ist das aber völlig ungeeignet.
Mit freundlichen Grüßen
Uwe Richter
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------ Weitergeleitete Nachricht
*Von: *Claudio Wilmanns <wilmanns(a)uni-wuppertal.de>
*Antworten an: *<eci(a)lists.callassoftware.com>
*Datum: *Thu, 23 Jun 2011 23:36:20 +0200
*An: *<eci(a)lists.callassoftware.com>
*Betreff: *Re: [ECI] Gibt es Änderungen bei den Vorgaben für die
Farbabmusterung oder der zu verwendeten Normlichtart?
Hallo Herr Fellner,
die entsprechende Norm wurde bereits am 14.04.2009 veröffentlicht und trägt
die Bezeichnung ISO 3664:2009.
Siehe
<http://www.iso.org/iso/iso_catalogue/catalogue_tc/catalogue_detail.htm?csnumber=43234>
In der Tat wird darin die Referenzlichtart D50 mit einer relativen
spektralen Verteilung angegeben, die im Bereich von 300 nm bis 400 nm (aka
"UV") größtenteils Werte deutlich größer 0 enthält, also einen
entsprechenden UV-Anteil berücksichtigt.
Diese Referenzlichtart soll auf der beleuchteten Fläche der
Abmusterungskabine gemessen werden. Es ist daher wichtig, dass Sie das
Messgerät nicht unter die Lampe halten und auch nicht einfach nur die
spektrale Verteilung der Lampe aus einem Datenblatt entnehmen, da das
effektive Licht auf seinem Weg zur Abmusterungsfläche durch entsprechende
Filter (Plexiglas) noch verändert werden kann oder eine zusätzlich
angebrachte UV-Lampe für den "richtigen" UV-Anteil sorgt. Das Messgerät
muss also von der Abmusterungsfläche aus zur Lampe zeigen.
Allerdings nützt ihnen das alles herzlich wenig, wenn Sie zur
(Aufsichts-)Messung Ihrer Drucke ein Messgerät verwenden, das dem Messmodus
M0 entspricht (z.B. das EyeOne). Damit ist nämlich nicht sichergestellt,
dass der UV-Anteil bei der Messung dem der ISO 3664:2009 entspricht. Dies
ist nur bei M1-Messgeräten der Fall. Zwei M1-Messgeräte (von KonicaMinolta
und Barbieri) wurden erst kürzlich vorgestellt.
Ich befürchte aber, dass Sie selbst mit einem M1-Messgerät nicht viel
besser da stehen werden als jetzt, da sich Ihr Auflagenpapier und das
Proofpapier hinsichtlich des Anteils an optischen Aufhellern voneinander
unterscheiden. Da nützt Ihnen auch die M1-Messung nichts. Im Gegenteil, es
kann sein, dass die Messwerte jetzt noch stärker den Einfluss der optischen
Aufheller berücksichtigen, also die Werte des Auflagenpapiers noch mehr
Richtung negativer b*-Werte driften, während das Proofpapier fast
unverändert im neutralen Bereich bleibt. Aber so spiegeln werden die
M1-Messwerte jetzt wenigstens das wieder, was das Auge unter der
Referenzlichtart tatsächlich wahrnimmt.
Sie sollten daher den Einsatz eines Proofpapiers mit einem ähnlichen Anteil
optischer Aufheller wie das Auflagenpapier in Erwägung ziehen. Dann sollten
Sie auch mit der M0-Messung und Ihrer Abmusterungskabine gut fahren. Ob
sich die optischen Aufheller in zwei Papieren ähnlich verhalten, kann
jedoch nur mit einer M1-Messung und durch den Vergleich der
Remissionsspektren herausgefunden werden. Die M0-Messung oder ein reiner
Vergleich der L*a*b*-Werte reicht dazu nicht aus.
Alternativ könnten Sie ein Messgerät mit UV-Filter verwenden (M2 Messmodus)
und den UV-Anteil der Abmusterungskabine durch geeignete Mittel
(Polycarbonatfilter) eliminieren. Damit sind Sie natürlich nicht mehr
konform zur ISO 3664: 2009.
Viele Grüße
Claudio Wilmanns
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