Hallo Herr Schober,
zunächst vielen Dank an Sie und die anderen Kollegen für die wertvollen Hinweise. Werde
mich mal näher mit CoPra befassen, u. U. kann ich das in einem Beitrag in diesem
Zusammenhang den Lesern näher vorstellen.
Der von mir vorgestellte Weg der Übertragung unbekannter Änderungen von einem Referenz-
auf ein Originalbild berücksichtigt übrigens sehr wohl lokale Unterschiede. Im Prinzip ist
das Verfahren fast schon primitiv, hier eine Kurzbeschreibung: Die beiden Versionen einer
Datei werden einfach als zwei Ebenen in einer Datei platziert, sorgfältig aneinander
ausgerichtet und auf die gemeinsamen Bildinhalte beschnitten.
Dann erfolgt eine Subtraktion der Bildinhalte in beiden Richtungen (Original - Referenz
und Referenz - Original), um die Differenzen in aufhellender und abdunkelnder Richtung zu
isolieren. Nun werden diese Differenzbilder dem Original getrennt wieder aufaddiert (eines
davon invertiert), was zu einer exakten Reproduktion der Referenz führt - mit dem
wichtigen Unterschied, dass die Differenzen zwischen beiden Versionen jetzt isoliert
existieren.
Eine exakte Reproduktion der Referenz ist aber gar nicht erwünscht, insbesondere nicht
eine Wiederherstellung ihrer Mängel (geringere Auflösung, Atefakte etc.). Da diese Mängel
im Differenzbild aber nichts anderes sind als Details, lassen sich diese durch eine
leichte Weichzeichnung sehr einfach unterdrücken. Die Kunst liegt nun lediglich darin, den
Grad der Weichzeichnung so zu wählen, dass die das Original "beschädigenden"
Details eliminiert, aber gleichzeitig die Korrekturen nicht so "unscharf"
werden, dass sie als "Auren" in anders zu korrigierende Bereiche hineinwirken.
In einfachen Fällen genügt eine simple Gaußsche Weichzeichnung, in schwierigeren empfiehlt
sich das Ineinanderkopieren mit einer invertierten hochpassgefilterten Ebenenkopie, in
sehr schwierigen eventuell die Behandlung durch "Objektivunschärfe" mit lokaler
Alphakanalsteuerung. Die Ergebnisse dieses primitiven Verfahrens, das sich sogar per
Aktion automatisieren lässt, sind überraschend gut - ich erhielt begeisterte Reaktionen
von professionellen Bildbearbeitern, die mir mitteilten, dass die Annäherung des Originals
an die Referenz sehr präzis erfolgt und sie sich durch diese Technik eine Menge Arbeit und
Frust ersparen.
Ich habe mir erlaubt, ein PDF der relevanten Seiten des Beitrags beizufügen, in dem Sie
eine ausführliche Beschreibung des Verfahrens finden. Ich würde alle Empfänger der Liste
jedoch ausdrücklich bitten, das Copyright des Verlags zu respektieren und die Datei nicht
Ihrerseits weiterzuverbreiten.
Ausgehend von dieser Technik habe ich mich nun weiter mit der Thematik befasst und suche
(für meine Leser, möglichst schon in der nächsten Ausgabe) nach Wegen, diverse Korrekturen
"einfacher transportabel" machen zu können. Das Naheliegendste wäre das
"Verpacken" in einem Farbprofil, wie es in der Film- und Videobranche bereits
geschieht - Photoshop besitzt die entsprechende Schnittstelle dafür seit CS6 ja ebenfalls.
Wer ein Profilierungsprogramm besitzt, das digitale, printbare Targets verwendet, kann zum
Beispiel an eben diesem Korrekturen ausführen und aus dem Resultat ein Farbprofil
generieren, das die Korrekturen quasi enthält. Mich würde zum Beispiel interessieren, ob
jemand in der Liste damit schon Erfahrungen gesammelt hat...
Der Idealfall wäre natürlich eine Software, die zwei Versionen eines Bildes importieren
und deren Differenzen in ein Farbprofil packen könnte. Dazu wäre es erforderlich, dass die
Farbwerte von Quelle und Ziel tabellarisch gegenübergestellt und anhand der Quellwerte
sortiert werden. Dann müssten die Werte geglättet und "Ausreißer" eliminiert
werden. Schließlich müssten per Interpolation die Zielwerte für die regelmäßig im
Zahlenraum verteilten Stützpunktwerte einer 3D-Lookup-Table ermittelt und das Ganze in ein
3D-LUT-Profil geschrieben werden. Können die CM-Experten in der Liste die Richtigkeit
(oder das Gegenteil) dieses Gedankengangs bestätigen?
Solch eine Software (idealerweise als PS-Plugin für die Berechnung anhand ausgerichteter
Ebenen) existiert offenbar nicht? Mit PS-Bordmitteln ist so etwas nicht realisierbar -
oder hätte jemand eine Idee? Nach meiner Auffassung gäbe es zwei Stufen der Möglichkeiten:
Generierung eines Differenzprofils auf der Basis abstrakter Bilddaten (modifiziertes
Target) oder dasselbe auf der Basis realer Bilddaten (sicher weitaus komplexer, aber für
den Anwender natürlich vieeeel interessanter, weil gar keine Korrekturen mehr ausgeführt
werden müssen, vorhandene unbekannte werden einfach erfasst und in ein Profil
umgewandelt).
Ich könnte mir vorstellen, dass es gar nicht so schwierig wäre, solch eine Software zu
programmieren - es wären eigentlich nur mathematisches Know-how und Programmierkenntnisse
gefordert. Hätte ich diese, würde ich mich vielleicht selbst daranmachen... ;-)
Erst mal vielen Dank für die bisher eingegangenen Hinweise.
Mit freundlichen Grüßen
Marius König
-------- Original-Nachricht --------
Datum: Tue, 11 Dec 2012 09:23:31 +0100
Von: Joerg Schober <j.schober(a)redblue.de>
An: eci(a)lists.callassoftware.com
Betreff: Re: [ECI] Bitte um Mithilfe...
Hallo Herr König,
nachdem der Hersteller und ein Händler von CoPrA schon auf die Software
hingewiesen hat meldet sich jetzt auch noch ein Anwender :-)
Ich kann mich dem Geschriebenen nur anschließen.
Sowohl CoPrA als auch alle anderen von Ihnen genannten Produkte können
"nur" einen RGB-Ursprungswert auf einen RGB-Zielwert abbilden und keine
lokalen Änderungen erfassen (Rot oben rechts etwas heller, Rot unten
links etwas dunkler ...). Ich gehe mal davon aus, daß auch Ihr nicht
näher beschriebener Weg nur solche Änderungen erfassen und übertragen
kann (interssieren täts mich trotzdem, wie er im Detail funktioniert).
Aufwändige Korrekturen und Retuschearbeiten sind aber in der Regel zu
einem erheblichen Anteil lokal unterschiedlich. An dieser Aufgabe
scheitern die Automatismen, vor allem bei extrem unterschiedlichen
Gamuts (Anpassung von Fogra39 zu Ifra26).
Ob nun CoPrA für "Standardbildbearbeitung" preislich interessant ist
("Edit" liegt bei 2000 EUR) steht auf einem anderen Blatt.
Adventliche Grüße,
Jörg Schober
On 07.12.12 19:31, "Marius König" wrote:
Hallo liebe Kolleginnen und Kollegen von der
ECI-Liste,
mich bewegt zur Zeit ein Thema, über das ich mich gern ein wenig mit
Ihnen
gedanklich austauschen möchte. Vielleicht hat der eine oder andere
Lust (und Zeit), Ideen zu entwickeln und zu teilen.
Es geht darum, wie man in der Bildbearbeitung Farbprofile verwenden kann
(könnte),
um Farbkorrekturen auszuführen. Auf dieses Thema bin ich aus
zwei Richtungen gestoßen:
Zum einen habe ich in der vorletzten Ausgabe von "Photoshop Aktuell"
einen Weg gefunden und beschrieben, wie man auf einfache Weise unbekannte
Korrekturen aus einem Referenzbild gegenüber dem unkorrigierten Original
desselben Bildes isolieren, extrahieren und auf das Original anwenden kann. Das
ist eine überaus interessante Sache, weil es häufiger vorkommt, dass man
(zum Beispiel als Verlag) zwei Versionen einer Datei erhält: Ein
Low-Res-Referenzbild und ein Hi-Res-Original - und dann als Bildbearbeiter vor dem
Problem steht, dass die Low-Res-Version zur Publikation ungeeignet ist (zu
geringe Auflösung, JPEG-Artefakte etc.), das Original (z.B. eine
Camera-Raw-Datei) aber mit der Referenz nicht übereinstimmt, weil irgendjemand
zwischen diesen beiden irgendwelche nachträglich nicht mehr nachvollziehbaren
Korrekturen angewandt hat, die zur Referenz führten.
Bisher lautete in solch einem Fall die Aufgabe, dass der Bildbearbeiter
- mit
welchen Mitteln auch immer - versuchen musste, sich rein visuell an
die Referenz heranzutasten (Gradationskurven, selektive Farbkorrektur, ggf.
Maskierungen etc.), was natürlich extrem aufwändig sein konnte - nicht
selten mit zweifelhaftem Ergebnis. Ich hatte einen Weg gefunden, wie man per
Photoshop die Differenzen zwischen den beiden Bildern isolieren und diese
auf das Original anwenden konnte, was diese heikle Aufgabe sehr einfach und
quasi automatisierbar macht.
Der zweite Ansatz für die Beschäftigung mit diesem Thema ist die in
Photoshop CS6
neue Funktion "Bild > Korrekturen > Color-Lookup…" (bzw. ihr
Pendant als Einstellungsebene). Über diesen Befehl ist es neuerdings
möglich, drei Arten von Farbprofilen (3D-LUTs, Abstract- und
DeviceLink-Profile) als "Farbkorrektur" einzusetzen. Zwar wird mit PS CS6 eine
stattliche
Anzahl an fertigen Profilen mitgeliefert, die man hier verwenden kann, die
Erstellung eigener Profile mit PS-Bordmitteln ist aber nicht möglich
(zumindest wüsste ich nicht, wie das gehen sollte).
Diese neue Funktion stammt im Prinzip aus der Film- und Videobranche,
hier ist es
schon länger üblich, umfassende Korrekturen, die immer wieder
benötigt werden, als 3D-LUT-Profil zu speichern und wiederzuverwenden; die
Software, mit der ColorGrader arbeiten (zum Beispiel Adobe Speedgrade CS6)
ist auch dazu in der Lage, solche Profile aus Korrektursätzen zu
generieren. Andere Programme, wie Lightspace CMS von Light Illusion, können
offenbar sogar das, was ich mit Photoshop auf einfacher Basis in PA gezeigt habe,
via 3D-LUT-Profil: Sie isolieren die Differenzen zwischen zwei digitalen
Bildversionen und speichern diese als 3D-LUT-Profil ab, sodass die
Unterschiede zwischen Version 1 und Version 2 auf jedes andere Bild (bzw. hier: jede
Filmsequenz) mit einen Handgriff anwendbar sind.
Leider sind diese beiden Arten der Profilerstellung mit Photoshop
(noch?) nicht
möglich. Ist Ihnen irgendeine Software für Standbildbearbeitung
bekannt, die solche Arbeitsweisen kennt? 3D-LUT-Profile sind eigentlich
ziemlich einfach aufgebaut. Sie enthalten im Wesentlichen nichts anderes als
die RGB-Sollwerte für eine bestimmte Menge an RGB-Istwerten (üblicherweise
mindestens 17 x 17 x 17 = 4913 Wertetripel) in klar festgelegter
Reihenfolge: Aufsteigende Iteration mit B-G-R-Zyklushierarchie. Im Prinzip sollte es
also möglich sein, die Farbwerte eines digital erstellten Testbildes mit
diesen 4913 Wertetripeln in der richtigen Reihenfolge, das durch die zu
speichernde Korrektur gejagt wurde, praktisch direkt als LUT für solch ein
Profil zu verwenden ...?
Ich wollte das jetzt einfach mal so "in die Gemeinde werfen" -
vielleicht hat ja jemand Informationen zu diesem Thema, die ich noch nicht habe -
bevor ich mir hier weiter das Hirn zermartere…
Freue mich über eine interessante Diskussion...
Mit freundlichen Grüßen
Marius König
--
i. A. Jörg Schober
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