ECI_Admin wrote:
Volles Haus beim Digitalproof-Forum am 6./7. Mai in
Wuppertal
Zwischen fünfzig und hundert Besucher waren erwartet worden - über
zweihundert kamen: Allein daran lässt sich ablesen, dass das Thema
"Digitalproof" heiß ist. Das Digitalproof-Forum - gemeinsam vorbereitet
und veranstaltet von der ECI und dem bvdm in Kooperation mit der
Bergischen Universität Gesamthochschule Wuppertal und der Hochschule für
Medien Stuttgart - hatte allerdings auch alle Register gezogen, um
dieses bislang einmalige Ereignis einen Erfolg werden zu lassen:
Als Teilnehmer am Digitalproof-Forum möchte ich diesen überaus positiven
Bericht an der einen oder anderen Stelle mal kurz unterbrechen und aus
meiner (subjektiven) Sicht ein paar Kritikpunkte loswerden:
Dass die Veranstaltung ursprünglich nicht für so viele Besucher geplant
war, konnte man deutlich merken: An den Ständen der Hersteller und bei
der Präsentation der Ergebnisse herschte ein derartiges Gedränge, dass
eine vernünftige Beurteilung der Ergebnisse kaum möglich war und für
Gespräche mit den Herstellern viel zu wenig Zeit blieb - zumal diese am
ersten Tag alle Hände voll damit zu tun hatten, die anspruchsvolle
PDF/X3-Testform überhaupt halbwegs fehlerfrei auszugeben (was meines
Wissens keinem Hersteller auf Anhieb und ohne externe Hilfsmittel gelang!).
Am zweiten Tag wurde ab 14 Uhr die Proofsysteme wieder abgebaut, also
blieb auch da viel zu wenig Zeit für Gespräche oder eigene Tests.
- zwölf Hersteller brachten ihre Proofsysteme mit nach
Wuppertal und
richteten sie vor den Augen der Teilnehmer ein, und keiner der wichtigen
Anbieter von Proofsystemen ließ es sich nehmen dabei zu sein.
- unter der Aufsicht von dreizehn Experten, unterstützt von neun
Studenten der Gesamthochschule Wuppertal, wurden drei Testseiten
ausgegeben, die sowohl das farbliche Leistungsvermögen der Proofsysteme
wie auch die korrekte Verarbeitung der aktuellen PostScript- und
PDF-Versionen prüfen
Wobei sich letzteres - zu meinem Erstaunen - als der eigentliche
"Knackpunkt" herausstellte. Mein persönliches Fazit: Wer sich heute
schon auf einen PDF/X3- oder auch "nur" einen Composit-Workflow einläßt,
muß noch mit bösen Überraschungen rechnen!
- in einer bis in die späte Nacht des ersten
Veranstaltungstages
dauernden Auswertung wurden die Proofdrucke von der dreizehn-köpfigen
Expertenrunde messtechnisch und visuell beurteilt
- am zweiten Veranstaltungstag wurden die Ergebnisse der Auswertung
präsentiert sowie im weiteren, von Prof. Stefan Brües und Prof. Ronald
Schaul moderierten Tagungsprogramm neue Entwicklungen im Bereich
Digitalproof vorgestellt.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass alle Proofsysteme durchwegs
brauchbare bis gute Ergebnisse vorweisen konnten - es scheint in der Tat
so zu sein, dass die Technologie in den Proofsystemen inzwischen
weitgehend ausgereift ist.
Auch das möchte ich aus zwei Gründen so nicht stehen lassen:
1. Alle gezeigten RIPs hatten Probleme bei der Verarbeitung der
PDF-Datei (vor allem beim Überdrucken)
2. Ein Thema, das leider fast völlig unterging: Großformatige thermische
Tintenstrahldrucker haben - im Gegensatz zu ihren "Piezo-Kollegen"
erhebliche technisch bedingte Probleme, sobald eine oder mehrere Farben
für ein paar Sekundenbruchteile nicht benutzt werden: vor allem an den
Rändern homogener Farbflächen zeigen sich dunkle Ansätze, die in der
Praxis zu sehr störenden Effekten führen können (siehe
http://www.klauskarcher.de/druckertest/ ).
Allerdings gab es auch deutliche Unterschiede
zwischen den Proofsystemen - angefangen von der farbmetrisch wie auch
visuell ermittelten Druckqualität über Schmuckfarbenbehandlung oder
Bedienerfreundlichkeit bis hin zu Geschwindigkeit und Preis.
Was die Simulation von Sonderfarben angeht taucht in der Praxis folgende
Probleme auf:
Liegt die Sonderfarbe außerhalb des Farbraum des Proofdruckers kann er
diese natürlich nicht exakt darstellen.
Liegt sie zwar innerhalb des Proofer-Farbraums, aber außerhalb des
CMYK-Farbraums, den das Zielprofil beschreibt (was ja in der Regel der
Grund für den Einsatz einer Sonderfarbe ist), hilft das ICC-Profil nicht
wirklich weiter, denn es beschreibt ja nur den CMYK-Farbraum, also kann
man damit höchstens simulieren, wie eine CMYK-Umsetzung der Sonderfarbe
aussehen würde.
Um eine Sonderfarbe wirklich zu proofen, reicht es auch nicht aus die
Lab-Werte ihres Volltons zu kennen, denn damit ist weder ihr Verhalten
auf dem Auflagenpapier (z.B. Tonwertzuwachs) noch das Ergebnis der
Mischung mit anderen Farben (z.B. in einem Duplexbild) bekannt. Man
müsste die Sonderfarben also zuerst Drucken, Rastertöne und Mischfarben
an ausreichend vielen Stützstellen messen und daraus ein Profil erzeugen
- was z.B. mit der kompletten Pantone-Palette relativ aufwändig wäre ;-)
Der einzige praktikable Ausweg ist also ein Rechenmodell, dass das
Verhalten der Sonderfarbe auf dem Auflagenpapier simuliert (z.B. anhand
der Lab-Werte ihres Volltons und dem aus dem ICC-Profil ableitbaren
Verhalten anderer Farben). Das Ganze würde ich dann aber nicht mehr
Proof, sondern vielleicht "Farbvorhersage" nennen und dieser Vorhersage
etwa soviel Vertrauen schenken wie dem Wetterbericht.
In Kürze stellen wir für Sie einen ausführlichen Testbericht, der -
einschließlich Downloadmöglichkeit der verwendeten Testseiten - an
dieser Stelle zur Verfügung.
Schön, danach habe ich schon gesucht.
Für alle die, die nicht dabei waren, gut zu wissen: am 30. September und
1. Oktober 2002 wird diese Veranstaltung in nochmals optimierter Weise
in Stuttgart stattfinden. Dafür, dass es nicht eine reine Wiederholung
wird, werden bereits die Hersteller sorgen: sie haben einige
Hausaufgaben aufgetragen bekommen und alle miteinander zugesichert, dass
sie im Herbst verbesserte Systeme mitbringen werden, die überhaupt
keinen Anlaß mehr zu Kritik bieten werden. Was soll man da sagen? Wir
sind mehr als gespannt!
Dass die (RIP-)Hersteller ihre "Hausaufgaben machen", kann ich allen
Beteiligten nur wünschen. Da die Hersteller nun mit der Testform und
ihren Anforderungen vertraut sind, gehe ich auch davon aus, dass bei den
Folgeveranstaltungen mehr Zeit für den direkten Dilaog zwischen
Herstellern und Kunden bleibt.
Ich wünsche mir alerdings auch, dass auch die Hersteller thermischer
Tintendrucker ihre Hausaufgaben machen, denn in meinen Augen ist
zumindest eines der vorgeführten Druckermodelle (das in verschiedenen
Proofsystemen eingesetzt wird) aufgrund des oben beschribenene Fehlers
für anspruchsvolle Aufgaben schlicht unbrauchbar.
Klaus Karcher
--
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