hallo Herr Fronia,
tolles Beispiel, toller Ritt!
Und auch ein Fazit, dem ich mich nur anschließen kann:
Also
packen wir's gemeinsam an.
Zum Nass-Proof:
Machen wir liebend gern, wenn die Kunden selbigen bezahlen ;-)
Beste Grüße aus Berlin,
Florian Süßl
ps
Ein Detail stimmt mit Blick auf den Standard nicht ganz:
- Abweichung der Primärfarben im Proof um dE*ab~5 vom
PSO, Papier um
dE*ab~3
- Abweichung der Primärfarben im Druck um dE*ab~5 vom PSO
Bei Vorlage eines standardkonformen Proofs gelten nach ProzessStandard
nicht mehr die Sollfarborte des Standards - farbverbindlich ist dann
der Proof. D.h. der theoretische Farbabstand von 10 tritt bei
standardkonformer Beurteilung nicht zustande.
Der Farbabstand muss dann zwischen Gut-zum-Druck-Bogen (Freigabebogen)
und Proof berechnet werden und darf pro Primärfarbe DeltaE 5 nicht
überschreiten. Dass dies in der Praxis für Drucker insbesondere bei
Cyan ein nicht zu unterschätzendes Problem darstellt, hat Peter
Kleinheider ja schon genau beschrieben. Der Vollständigkeit sei's aber
nicht verschwiegen.
Dann kommt noch die Schwankungstoleranz (beliebiger Bogen der Auflage
zum Gutbogen) dazu: Pro Farbe nochmal Delta E 4, bei Gelb 5.
Am 04.05.2004 um 20:47 schrieb Fronia, Tobias:
Hallo Herr Rann,
das beschriebene Szenario kenne auch ich recht gut, wenn auch mit
leichten
sprachlichen Verwerfungen im Mittelteil und aus meiner Sicht leider
häufig
umgekehrtem Ausgang.
Sie scheinen hier zum einen den Nachteil zu haben, dass Sie als
Lithopartner
drei 'Gegnern' aus den Druckerlager allein gegenüberstehen und
(Vermutung)
dem Kunden nicht so auf dem Schoß sitzen, wie ich es von vielen
Repropartnern kenne.
Das alles ändert an Ihrem (Unserem) Dilemma nichts.
Gegen die von Ihnen angeführten Aussagen zum Thema Digitalproof kämpfe
auch
ich -selbst hier im eigenen Haus. Mittlerweile mit zunehmendem Erfolg
(Fadenzähler bleibt bei den Druckern jetzt zur Proofbegutachtung in der
Tasche... ;-) ).
Aber durch die im Alltag einer Druckerei deutlich schwankenden
'Qualitäten'
von gelieferten Farbvorlagen, die von bunten Desktop-Farbdrucken bis
hin zum
tatsächlich echten Kontrakt-Proof reichen, muss ich mich selbst sehr
bemühen, nicht zu verallgemeinern und kann daher zumindest die
Beweggründe
unsere Marktbegleiter für die genannten Aussagen nachvollziehen, wenn
ich
einmal nicht von purer Unwissenheit ausgehe.
Ich habe mehr Schwierigkeiten damit, dass selbst wenn wir beide
(Lithopartner und Druckerei) alles richtig und nach Standard machen,
immer
noch nicht gewährleistet ist, dass das optische Ergebnis von
Kontrakt-Proof
zu Druck im Endprodukt übereinstimmt. Ich beschreibe einmal den 'worst
case'
einer hochqualitativen Produktion ohne individuelle Profilierung unter
sonst
idealen Bedingungen:
- Drucker und Litho frühzeitig zusammengebracht und reden auch
miteinander.
- Drucker und Litho einigen sich über die Klassifizierung des
eingesetzten
Papiers und damit das Proof- uns Separationsprofil.
- Litho erzeugt die PDF-Daten aus identisch separierten RGB-Bildern
mit der
korrekten Tonwertsumme für das Druckverfahren.
- Litho erzeugt mit dem passenden, aktuellsten eci-Profil die
Kontrakt-Proofs nach MSD und PSO und prüft die Einhaltung des
Standards per
mitgeprooftem Medienkeil ohne Beanstandung.
- Drucker bekommt die Proofs (ohne jede Korrekturmarkierungen) und
bestätigt
die Einhaltung des Standards.
Wird hier ein Eingangsproof gemacht, kommt es ggf. bereits zur
Diskussion,
wenn dieses auch den MSD / PSO einhält und einen optisch anderen
Eindruck
ergibt. Vielleicht ist aber auch das gleiche Proofsystem im Einsatz auf
beiden Seiten gut kalibriert und arbeitet mit identischen Profilen. Die
immer noch möglichen Differenzen werden kaum zu einem Gespräch
veranlassen.
- Die Daten werden als PDF/X-1a geliefert (die Daten von denen auch
geprooft
wurde!) und laufen sauber durch Preflight und PDF/X-Check (Keine
Transferkurven und Rasterinformationen in den Daten, alles CMYK etc.)
- Die Daten werden ohne weitere Veränderung (Neuspeicherung !!!)
ausgeschossen und mit einer sauber in Richtung PSO zielenden
Transferkurve
im RIP mit den korrekten Winkelungen gerastert. Raster ist trotz hoher
Qualitätsanforderung 60er, nicht 70er, wie häufig verwendet.
- Prüfung der Platten nach Belichtung mit einem gut linerarisierten
Plattenbelichter per Kamera-Messgerät zeigt nur geringe Abweichung vom
Soll
(ggf. technikbedingte Meßungenauigkeit von max. 1 %).
- Es wird mit einer sauber einstellten, nicht zu alten, Druckmaschine
nach
allen Regeln der Druckkunst gedruckt. Das Ergebnis der
Grundfarben-L*a*b*
und 40% und 80% -Raster zeigen lt. FOGRA die Einhaltung des PSO
innerhalb
der zulässigen Toleranzen. Zusätzlich zeugt ein mitgedruckter
Rasterstufenkeil von einem harmonischen Rasterverlauf über den gesamten
Tonwertbereich innerhalb der Toleranzen des PSO.
Bis hierher hört sich alles so an, als sollte das Druckergebnis in
Bezug auf
das Kontrakt-Proof perfekt mit Standardeinstellungen der
Druckfarben-L*a*b*
innerhalb der Toleranzen erreicht werden. Das Resultat kann aber sein,
dass
der qualitätsverwöhnte (nicht negativ gemeint) Kunde und alle anderen
Beteiligten nicht mit der Übereinstimmung zufrieden sind und angefangen
wird, an der Druckmaschine zu lithographieren.
Resultat ist dann der übliche Kompromiss und -worst case- nach der
buchbinderischen Verarbeitung eine Reklamation.
Wie oben beschrieben hat aber niemand etwas falsch gemacht und jeder
kann
dies mit seinem KnowHow und den zur Verfügung stehenden Kontrollmitteln
belegen.
Was ist passiert? Es wurden simpel alle zur Verfügung stehenden
Toleranzen
der Standards voll ausgenutzt, die da wären:
- Abweichung der Primärfarben im Proof um dE*ab~5 vom PSO, Papier um
dE*ab~3
- Abweichung der Primärfarben im Druck um dE*ab~5 vom PSO, Papier um
dE*ab~3
je in die andere Richtung
- Nutzung der zulässigen Schwankungstoleranz Primärfarben im Druck von
dE*ab*~4 nach PSO auch andere Richtung, wie Proof bei der hierfür
zulässigen
Menge an Druckbogen.
- Veränderung der Farbwerte vom nassen zu trockenen Druck in den
Primärfarben um dE*ab von 0,7 (M) bis 2,8 (K) lt. Dokumentation der
Altona
TestSuite PT1. (Ist vielleicht doch ein 'Naßproof' nötig ???)
- Tonwertabweichung im Druck um d%~3 im Mittelton abweichend zum PSO
- maximale Differenz der Buntfarben-Werte um d%~4 mit entsprechender
Graubalance-Verschiebung
- Schwankungstoleranz der Tonwerte über die Auflage im zulässigen
Bereich
des PSO
Wenn ich richtig rechne, kann unter diesen Bedingungen mit einer
Differenz
der Primärfarben in Proof und Druck von dE*ab~10 gerechnet werden plus
der
Einflüsse einer um dE*ab~6 abweichenden Papierfärbung, die recht
schlecht
einzuschätzen ist.
Hier sind die möglichen negativen Einflüsse der Tonwertzunahmen noch
nicht
berücksichtigt und bei den Effekten auf Sekundär- und Tertiär-Farben
rechne
ich mit noch Schlimmeren. Diese Proofs werden auch mit einem
Kompromiss im
Druck unter diesen Bedingungen nicht erreicht worden sein. Zum Glück
gibt es
dann Drucker mit funktionierendem Farbauge und technischem KnowHow,
die dann
ggf. den Standard verlassen aber eine Annäherung an das Proof
erreichen (Was
machen dann eigentlich 74Karat-Anwendner ohne die Möglichkeiten mit
Zonenschrauben zu arbeiten ???)
Es handelt sich bei dem beschriebenen Szenario sicherlich nicht um den
Alltag -im positiven, wie negativen Sinne- , aber zwischen 'um nichts
gekümmert und Druckergebnis perfekt' und dem Beschriebenen ist alles
drin.
Entsprechende Abstufungen der Farbunterschiede von Proof zu Druck
folgen
daraus. Das sind die Themen, die alle von uns täglich auf dem Tisch
haben.
Ich möchte nur einmal mehr den notwendigen Realismus bei der Anwendung
der
Standards einfordern. Meine kleine, wenn auch sehr theoretische
Rechnung
zeigt, was passieren kann, selbst wenn Unternehmen zusammenarbeiten,
die mit
dem Brustton der Überzeugung behaupten können Standardisierung und
angrenzende Themengebiete im Griff zu haben.
Ich will uns allen nicht den Mut und den Enthusiasmus bei der Umsetzung
eines wirksamen Standards nehmen, oder gar den bestehenden Standard in
Frage
stellen bzw. kritisieren. Wir haben keinen besseren, nicht einmal einen
anderen, und das ist gut so.
Wenn uns in der Theorie die zulässigen Toleranzen sicher zu hoch
erscheinen,
in der Praxis, wenn reale Materialien eingesetzt werden, eher zu
gering,
wird klar, dass eine Optimierung in einigen Bereichen vermutlich z.Zt.
auch
nicht möglich ist.
Damit werden wir alle erst einmal leben müssen. Es sollte uns und
unseren
Kunden aber auch bewusst sein oder gemacht werden. Es hilft unseren
Kunden
und seinem Produkt nichts, wenn wir versuchen uns gegenseitig
plattzumachen,
wenn der eine aus Argumente-Not gerade einmal 'so klein mit Hut' ist.
(Gruß
an Herrn König - Diese Drucker bzw. Personen in Druckereien werden
weniger.
Ganz sicher!) Bei einem potentiellen Rechtsstreit bleiben meist an
beiden
Produktionspartnern etwas hängen bis hin zum Auftragsverlust, oder kann
jemand ernsthaft behaupten, immer so perfekt, wie oben beschreiben, zu
arbeiten?
Jeder sollte auf seinem Kern-KnowHow versuchen, das Beste in geringst
möglichen Toleranzen nah am Standard für den gemeinsamen Kunden zu
leisten.
- Und das durchgängig. Was hilft es da (Gruß an Herrn Koch), wenn man
es
einmal hinbekommt mit ganz bestimmten Materialien und praxisfernen
Klimmzügen einen perfektes Fake (Siehe Altona TestSuite - oder warum
hat das
so lange gedauert) hinzubekommen, sich einmalig zur
Attraktivitätsverbesserung (wer ist nicht gern schöner...)
zertifizieren zu
lassen und damit zu prahlen während in der Produktion der alte
Schlendrian
oder ein anderes Material Einzug hält.
Es geht auch anders, wie Herr Süßel richtig beschreibt. Und sollte sich
herausstellen, dass mit den eingesetzten Materialien (Papier) der PSO
trotz
Standardisierung nicht zu erreichen ist, taugt der angesprochene
Andruck
auch noch zur individuellen Profilierung, wenn diese nötig sein
sollte. Also
packen wir's gemeinsam an.
Nachdem ich nun vermutlich viele gegen mich aufgebracht und hoffentlich
einige nachdenklich gemacht habe, soll es genug sein.
Gruß, T. Fronia
Ein Kompromiss ist nur dann gerecht, brauchbar und dauerhaft, wenn
beide
Parteien damit gleich unzufrieden sind.
(Henry Alfred Kissinger)
<-----Ursprüngliche Nachricht-----
<Von: Jens Rann [mailto:rann@appel-grafik.de]
<Gesendet: Dienstag, 4. Mai 2004 11:59
<An: ECI offen
<Betreff: [ECI] Standard
<
<
<Guten Tag,
<
<lange habe ich überlegt ob ich diese Mail an die Liste
<schreiben soll, mir
<ist aber nicht eingefallen wo ich sie sonst hätte hinschicken
können...
<
<Es kommt all halbjährlich vor, dass wir für einen großen Modekunden
<Druckunterlagen und Proofs für etwa 200 Katalogseiten produzieren.
<Die Kataloge werden später bei unterschiedlichen Druckereien
<im Bogenoffset
<gedruckt. Ich liefere meine Proofs gemäß ISO 12647, also
<Standard wenn man
<es von meiner Seite aus betrachtet...
<
<...die Druckereien (alle beteiligten!) sehen das mit dem Standard
etwas
<anders als ich. Die erste Frage des Druckers lautet - meistens in
<Anwesenheit des Kunden - "sollen wir nach Standard drucken
<oder sollen wir
<versuchen die Proofs zu erreichen?"
<Ich: "was ist denn für sie Standard, nach welchen Bedingungen
<drucken sie
<dann?"
<Drucker: "nach Euroskala. Dichte C= x, Dichte M= x, u.s.w"
<(manchmal kommt
<auch die Antwort: "nach neuesten Bedingungen des bvdm!" Die
<Folgenden Sätze
<können aber trotzdem ohne weiteres stehen bleiben)
<Ich: "dann versuchen sie doch bitte die Proofs zu erreichen."
<Kunde: "aber ich denke die Proofs sind gemäß Standard?"
<Drucker: "Das weiß man bei Digitalproofs nie so genau, da
<müssten wir schon
<ein konventionelles Proof machen um das genauer beurteilen zu können."
<Ich: "schluck!"
<Kunde (zum Glück): "nein, drucken sie mal bitte so nahe wie
<möglich an die
<gelieferten Proofs."
<
<Nach einer Stunde Abstimmung wird dann in jeder der
<beteiligten Druckereien
<klar, dass mein ach so standardisiertes Proof nicht zu erreichen ist.
<Das größte Problem dabei ist, dass nicht die Arbeit und der
<"Standard" der
<Druckerei angezweifelt wird, sondern meine Proofs/Daten. Ich kann zwar
<schwarz auf weiß belegen das ich die Richtlinien einhalte, aber so
viel
<technisches Verständnis hat mein Kunde leider nicht.
<OK, werden sie jetzt sagen, dann muss man halt ein
<individuelles Profil der
<jeweiligen Druckerei erstellen. Das würde ich gerne tun wenn
<es nicht wie
<gesagt mind. 3 verschiedene Druckereien beteiligt wären und
<ich die Motive
<später auch für Anzeigen verwenden müsste.
<
<Ich weiß auch nicht warum ich sie nun alle mit diesem Müll
<belästige, tut
<mir leid. Aber ich wüsste doch gerne ob es die ein- oder
<andere Druckerei im
<Raum München gibt die gemäß ISO drucken kann und die ich dann
<meinem Kunden
<empfehlen kann um in Zukunft bessere Ergebnisse zu erzielen.
<
<Beste Grüße
<Jens Rann
<
<
<
<
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http://lists.transmedia.de/mailman/listinfo/eci
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