Hallo Herr Karcher,
schön, dass wir in so vielen Punkten übereinstimmen und Sie für die anderen
gleich noch Ausnahmen und Einschränkungen einräumen. Leider sind
mittlerweile die Produktionen, auf die diese zutreffen in der Überzahl.
Ihre Einschätzung der Übereinstimmung von standardgemäßem Druck und
standardgemäßem Proof kann ich schweren Herzens nicht zustimmen. Die
tägliche Praxis zwingt mich dazu. Bezüglich der Theorie hatte ich hatte vor
einiger Zeit in der Liste einmal eine Rechnung über die Summe der zulässigen
Toleranzen aufgemacht. Ich glaube ich war bei dEab von 12 bei den
Primärfarben gelandet....
Auch das Thema ideale AV haben sie schön dargestellt. Wenn jetzt noch die
Zeit dafür ausreichend wäre, der drohende EVT nicht zum Zudrücken mehrerer
Augen zwingen würde, und die Empfänglichkeit für eine Layoutberatung seitens
der Drucker gegeben wäre...
- wäre ich vermutlich arbeitslos... ;-)
Gruß, T. Fronia
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Klaus Karcher [mailto:karcher@digitalproof.info]
Gesendet: Freitag, 4. Februar 2005 09:08
An: eci(a)lists.transmedia.de
Betreff: Re: AW: [ECI] Unterschiede der Lab-Werte PSO vs.
Medienkeil-ExcelTabe lle
Fronia, Tobias schrieb:
[...]
Die Frage aber bleibt, was mir ein Druck bringt, der nicht den
ProzessStandard Offsetdruck einhält.
wenn der Proof ein Proof ist, d.h. z.B.
nachvollziebare Infos darüber enthält
- welche Daten für
- welchen Standard geprooft wurden
und außerdem durch den MK dokumentiert werden kann, dass die
Farben des
Proofs hinreichend genau den zugehörigen Vorganben entsprechen
Dann ist dieser Proof - unter Normlicht betrachtet - die *visuelle*
Referenz für den Auflagendruck der gleichen Daten für den gleichen
Standard. Der Endkunde kann so bestätigen: Das habe ich
gesehen, so will
ich das haben. Sie haben also einen Kontraktproof, der
Vertragsbestandteil wird und als visuelle Referenz für das
Druckergebnis
im Rahmen genau festgelegter Toleranzen dient.
Wenn ihre Druckmaschine dann die ISO-, PSO- oder MK
(FOGRAxx)-Farborte
für die Primärfarben hinreichend genau trifft und die
Tonwertzuwächse im
Rahmen der PSO-Toleranzen liegen, dann wird in aller Regel auch der
"Nullbogen" (so heisst der doch, oder?) visuell nicht
besonders weit vom
Proof entfernt sein.
Wenn alle Daten vernünftig und einheitlich separiert wurden wir ein
erfahrener Drucker in aller Regel kein Problem haben, durch kleine
Anpassungen an der Druckmaschine den Proof hinreichend genau
zu treffen.
Sind die Abweichungen im Nullbogen wirklich gravierend, ist es die
Verantwortung des Druckers zu sagen: Halt! Hier stimmt etwas nicht.
_was_ da genau nicht stimmt ist im Einzelfall sicher nicht einfach zu
beantworten - und sehr, sehr oft ist _nicht_ der Drucker daran schuld.
Die Ursachen können im Extemfall schon im Layout liegen: Ein
Grafiker,
der versucht, fünf verschiedene, hauchzarte, 3- oder
4C-Pastelltönchen
großflächig durch den Bund von Doppelseite laufen zu lassen
und erwartet
das das auf allen Doppelseiten "gut" geht (mit "gut" meine
ich sowas wie
Delta E < 3 zwischen Schön- und Widerdruck), der hat entweder
seinen Job
nicht gelernt oder ihm fehlt ein Produktioner, der ihm bzw.
dem Kunden
sagt: nimm Pantone oder ändere das Layout.
*Spätestens* eine erfahrene, verantwortungsbewusste Aufragsannahme in
der Druckerei oder Vorstufe sollte m.E. darauf hinweisen, dass dieses
Layout im Druck Probleme machen kann, auch wen alle Normen
und Standards
sehr gut eingehalten werden. Sowas kan man sehen, bevor auch nur eine
Platte belichtet wurde.
Schwieriger wird es bei "gemixten" Daten oder nicht medienneutral
ausgeführten Korrekturen: einem Proof sieht man leider nicht
an, ob ein
Bild auf der Seite mit 395% Gesamtfarbe separiert wurde und
das daneben
mit 290. Da helfen selbst Preflight-Programme und die Kontrolle
einzelner Farbauszüge (beispielsweise mit Acrobat und SuperColor) nur
bedingt (früher gabs für sowas noch Filme, das war schön :-)
Im Reklamationsfall mit anschließender
Vorlage bei der FOGRA kann ich als Drucker das Schreiben zum
Schuldeingeständnis dann gleich ohne Abwarten der
Rückmeldung aus München
verfassen.
Sehe ich etwas anders, (s.o.): eine bewusste, gezielte Abweichung von
den Sollwerten kann manchmal helfen, genau diese Reklamationen zu
verhindern undden Kunden glücklich zu machen. Es funktioniert
aber *nur*
bzw. *erst* dann, wenn man gesehen hat, dass die Einhaltung
der normen
zu visuell schlechterer Übereinstimmung mit dem Proof führt. (Diesen
Bogen sollte man sich dann für Reklamationen gut aufheben ;-)
Weiter fällt mir wieder die philosophisch
anmutende Frage
ein, die ich an
dieser Stelle schon mehrfach angebracht habe: Was
war
zuerst da, das Ei oder
das Huhn. Auf die grafische Industrie übertragen:
Was muss
wem folgen? Der
Druck dem Proof, oder soll der Proof den Druck
simulieren.
Da wir bei
Digitalproofs ja auch von Papiersimulation
sprechen, ist
die Antwort für
mich eindeutig und logisch zu ergründen ....
Sieht ein Proof nicht aus wie der Druck, ist dieser zu
verändern, nicht das
Basisausgabeverfahren.
Und genau das macht m.E. den Unterschied zwischen "FOGRA15" und
"FOGRA27" bzw. "ISO Coated SB" und "ISO Coated".
[...]
Es bringt nichts, wenn der Kunde am Ende glücklich ist,
seinen bisherigen
Druck-Lieferanten aber nach Jahresfrist nicht
mehr
antrifft, weil dieser
sich für Ihn und andere in die Pleite iteriert
hat.
sehr schön gesagt :-)
Nach meiner Erfahrungen
werden die 'Forschungs-Drucke', die über die
Standardisierung hinaus
gehen
nämlich nicht monetär honoriert und sind auch
anders nicht
abzufangen. Daher
sollte jeder Produktionspartner seinen Part
erfüllen, was
dann von allen
Seiten i.a.R. auch finanziell tragbar ist.
und deshalb gibt es die Altona-Drucke und -Refenenzdaten (=praxisnahe
Forschungsergebnisse und Umsetzungen der ISO-Norm).
Gruß, T. Fronia
Grüße, Klaus Karcher