Hallo Herr Karcher,
--- Klaus Karcher wrote 14.05.2002 3:13 PM: ---
Als Teilnehmer am Digitalproof-Forum möchte ich diesen
überaus positiven
Bericht an der einen oder anderen Stelle mal kurz unterbrechen und aus
meiner (subjektiven) Sicht ein paar Kritikpunkte loswerden:
ich moechte mal ganz allgemein auf Ihre Mail eingehen. Als an der
Vorbereitung des Digitalproof-Forums Beteiligter weiss ich, dass sich uns
mehr als einmal die Frage gestellt hat: Was ist "gut" bzw. "gut
genug"?
Wo muessen wir die Messlatte ansetzen? Die eine, einfache Antwort darauf
gibt es nicht, ganz im Gegenteil - man landet mitunter mitten in
philosophischen Ueberlegungen.
So stand im Mittelpunkt unserer Anstrengungen auch nicht, Schulnoten nach
einem absoluten System zu verteilen, sondern im Gegenteil zweierlei zu
erreichen:
- Orientierung: 12 Proofsysteme im direkten Vergleich - da kann man sich
schon in gewisser Weise ein Bild machen (auch wenn zugegebenermassen
nicht alle Randbedingungen hierfuer ideal waren); anders als auf einer
Messe oder im Showroom eines Fachhaendlers wird man ja nicht von gut
vorbereiteten Marketingmenschen zugetextet und von den Schwaechen des
gerade praesentierten Systems ferngehalten. (In Kuerze wird es auch
ausfuehrlichere Informationen zu den Ergebnissen auf den relevanten
Websites (z.B.
www.eci.org) geben, so dass man auch im Nachhinein nochmal
alles durchgehen kann.)
- Impulse geben (oder sollte ich besser sagen: Druck in die richtige
Richtung ausueben?): nur wenn eine kritische allgemeine und moeglichst
breite Fachoeffentlichkeit entsteht, der bekannt ist, an welchen
Schwaechen viele Systeme kranken, wird sich eine Dynamik ergeben, die die
Hersteller zwingt, ihre Hausaufgaben zu machen. So etwas wie korrekte
Ueberdrucken-Simulation bei composite-Daten ist in der Tat technisch
nicht ganz einfach zu realisieren. Und die Hersteller werden es nur dann
realisieren, wenn Kunden eine Kaufentscheidung davon abhaengig machen
(und in der Vergangenheit war dieser Aspekt wahrscheinlich eher selten an
Kaufentscheidungen beteiligt - was das Forum hoffentlich geaendert
hat...). Dass es "geht", hat ja z.B. die MetaDimension-Loesung von
Heidelberg gezeigt - auch noch nicht ganz perfekt, aber ziemlich dicht
dran. Andererseits ist eine Kombination aus GMG und Iris Proofer
anscheinend in Sachen Farbe immer noch eine der Loesungen, die ganz weit
vorne liegt. Aber vielleicht hat ja GMG das Ueberdrucken demnaechst im
Griff, oder Heidelberg die Farbe noch besser drauf, oder am liebsten
beides...
Abschliessend moechte ich auch noch ein "Detail" ins Gedaechtnis rufen:
die Veranstaltung waere ohne die intensive 'ehrenamtliche' Zuarbeit
zahlreicher Fachleute niemals moeglich gewesen. Keiner der dreizehn
"Experten" hat ein Honorar erhalten - im Gegenteil: die meisten von ihnen
haben nicht nur die beiden Veranstaltungstage aus ihrem knappen Zeibudget
abgezweigt, sondern die meisten von ihnen viele weitere Tage
(schaetzungsweise ein bis zwei Wochen volle Arbeitszeit) im Vorfeld in
die Vorbereitung gesteckt. Dass da nicht alle Aspekte perfekt geloest
waren, ist uns alllerdings lediglich Ansporn, es beim naechsten Mal noch
besser zu machen.
Mit freundlichem Gruss,
Olaf Druemmer
Forscher fuer angewandte Ueberdrucken-Simulation in composite-Workflows
PS: Umberto Eco hat vor vielen Jahren mal eine kleine Satire geschrieben
- "Die Karte des Reiches im Maßstab 1:1". Eco hat gezeigt, dass man in
allerlei Paradoxien hineinlaeuft, wenn man 'sowas' richtig machen will.
Das "Proofen" hat eine gewisse Verwandtschaft damit. Genau genommen
ist der einzige Proof ... der Druck selbst. Aber selbst dort laufen wir
in das Problem, welchen der vielen Drucke man nehmen soll - bekanntlich
schwanken (auch gute und moderne und gut eingerichtete) Druckmaschinen
ganz erheblich im Fortdruck. Usw. Ich denke, man kommt aus diesen
Paradoxien nur heraus, wenn man die Erwartungen pragmatisch wendet. Man
erwartet von einem Proof, dass er bestimmte Eigenschaften moeglichst
korrekt abbildet (und definiert diese Korrektheit auch, z.B. als Delta-E
bei D50 und 2 Grad Betrachtunsgwinkel - was ja uebrigens fuer ein
Aussen-Plakat, das praktisch allen Lichbedingungen in stetigem Wechsel
unterworfen ist, geradezu muessig zu sein scheint), und gesteht ihm zu,
dass er bestimmte andere vernachlaessigen darf.
Wir sind uns sicher einig, dass Farbe da ganz weit oben auf der Liste
steht. Und 'sachliche Korrektheit' (z.B. auch qua
Ueberdrucken-Simulation, aber auch in Bezug auf solch ganz simple Dinge
korrekter Stand und Ausschnitt aller Elemente auf der Seite) auch. Fuer
'Out of Gamut'-Sonderfarben (von bestimmten Pantone--Farben ueber
fluoreszierendes Leuchtorange bis hin zu Metallic-Farben...) koennte man
sicher prinzipiell Geraete bauen - aber wer bezahlt die? Und sicher
braucht man den Rasterpunkt, um bestimmte Faelle von Moiree zu bemerken.
Aber - ich werde jetzt absichtlich etwas spitzfindig ;-> - wollen wir
auch mittleres Dublieren, Ablegen, Farbverzug durch Feuchtigkeit, oder
mittlere Abweichung von der Registerhaltigkeit simulieren?
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Olaf Druemmer
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