Hallo Herr Karcher,
Auch wir finden die Entwicklung des alternativen Medienkeils interessant,
zumal wir selbst z.B. für den LFP-Bereich bereits einen eigenen Keil
einsetzen, dem z.T. ähnliche Denkansätze zugrunde liegen (wenn auch nicht so
weit gehend, da vom Kunden z.Zt. die Kompatibilität zum offiziellen
Medienkeil verlangt wird).
Wir implementieren den neuen alternativen Medienkeil gerade in basICColor
catch/control. In der nächsten Version ist er dann automatisch enthalten,
zum Übergang wird es ab Mitte nächster Woche einen kleinen Updater für die
aktuelle catch/control 3.1.1 geben, so dass Ihnen eine komfortable und
schnelle Auswertung mit direkter Messgeräteanbindung zur Verfügung steht.
Die Verwendung diverser intelligenter Farbabstandsformeln ist dort natürlich
kein Problem (dECMC, dE94, dE99 und natürlich auch dE2000). ;-)
Zu Ihrer Frage:
Engere Toleranzen für die unbunten Felder sind auch bei Verwendung einer
modernen Farbabstandsformel aus folgender Überlegung sinnvoll:
Die modernen Formeln bewerten zwar die Stärke/Erkennbarkeit einer
Farbabweichung in bunten und unbunten Bereichen besser, berücksichtigen aber
nicht das Reklamationsverhalten der Kunden. Stimmt die Grauachse eines
Druckes/Bildes nicht, wird dies vom Endverbraucher des Druckes sehr schnell
als technischer Fehler bewertet - unabhängig vom Objekt, ohne
Vergleichsmuster und auch von relativ ungeübten Betrachtern. Richtung
Rot/Gelb oder Blau wird es z.T. noch als "Lichtfarbe/Stimmung" akzeptiert,
Richtung Magenta oder Grün bewerten es Betrachter sofort als Fehler, da es
keine solchen natürlichen Lichtquellen gibt. Der Druck erscheint
minderwertig, bei Werbedrucksachen überträgt der Konsument diese schlechte
"Anmutung" sogar unbewusst auf das Produkt. Grautöne sind die einzigen
"Farben", die wir als Menschen auch ohne Vergleichsmuster relativ genau
beurteilen können (zumindest deren Neutralität). Um genauso feine
Farbabweichungen von bunten Farben zu erkennen, brauchen wir hingegen ein
Vergleichsmuster. In unserem Falle liegt das zwar in Form von Druck und
Proof vor, der Endkonsument sieht jedoch i.d.R. nur den Druck (ok - im
Supermarkt / am Verkaufsstand auch das Produkt - geht jetzt aber wohl zu
weit).
Zudem geben die Farbabstandsformeln einfach ein Maß für die Farbdifferenz,
die zwei homogene (bis auf die Farbe absolut identische!!) Flächen
(definierter Größe - siehe 2°/10°-Normalbeobachter) voneinander haben. Die
Erkennbarkeit und Wirkung der Farbabweichung in komplexen Strukturen wie
Bildern/Grafiken wird bewusst nicht berücksichtigt. Auch in diesem
Zusammenhang werden in der Praxis Fehler in der Grauachse statistisch
häufiger und auch schneller erkannt.
Kurzes Resümee:
Bei Problemen in der Grauachse reklamiert der Druckkunde statistisch
wesentlich häufiger und im Hinblick auf den Zweck bzw. den Endverbraucher
des Druckproduktes oft mit gutem Grund.
Keile ausmessen ist zwar in letzter Zeit z.T. leider etwas zum Selbstzweck
verkommen, im Kern ging und geht es aber um Produktionssicherheit oder
genauer ausgedrückt um die wirtschaftlich und technisch möglichst effiziente
Minimierung der Reklamationsraten.
Dafür ist es aus den oben genannten Gründen äußerst sinnvoll, vor allem für
die Grauachse bewusst engere Toleranzen zu setzen, auch wenn weite
Toleranzbereiche auf den ersten Blick immer bequemer erscheinen. Deshalb
gibt es z.B. in basICColor control bereits seit der ersten Version die
Möglichkeit, innerhalb des Targets zwei zusätzliche Feldgruppen zu
definieren (z.B. Grauachse und Hauttöne oder Sonderfarbenfelder), für die
eigene engere Toleranzen gesetzt werden können (und sollTen ;-) ).
Mit freundlichen Grüßen,
Markus Hitzler
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Color Solutions Köln
Markus Hitzler
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Email: markus.hitzler(a)color-solutions.de
Web:
http://www.basICColor.de
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basICColor - the basICCs of colormanagement
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> Von: Klaus Karcher
<karcher(a)schrift-und-form.de>
> Datum: 7. November 2005 18:30:52 MEZ
> An: eci-en(a)lists.transmedia.de
> Betreff: [ECI-EN] alternativer MK
> Antwort an: eci-en(a)lists.transmedia.de
>
>
> Erstmal tausend Dank an die "Macher" des alternativen Medienkeils: meiner
> Meinung nach ein riesiger Schritt in die richtige Richtung!
>
> Ich freue mich auf die Diskussion darüber habe zwei Fragen:
>
> Ein Zitat aus
>
http://www.dmt.uni-wuppertal.de/proof/index.php?tmpl=alternativ.php#wahrn
>
>
>> Anforderung Wahrnehmungstreue
>> Der MSD sieht die Bestimmung der Farbabstände nach der
>> Farbabstandsformel ΔE76 vor. Diese Formel berechnet den rein
>> geometrischen Abstand zweier Punkte im CIELAB-Farbraum.
>> Bekannterweise ist dieser jedoch nicht in allen Bereichen visuell
>> gleichabständig. [...]
>> Aus diesem Grunde wurden Versuche unternommen, die Wahrnehmungstreue
>> der Farbabstandsformel durch Einbringen empirischer Faktoren zu
>> vergrößern. Die aktuelle Version der ¢E-Formel, die CIEDE2000 (¢E00),
>> liefert erwiesenermaßen Ergebnisse innerhalb menschlicher
>> Farbempfindlichkeitsschwankungen (Berns, Roy S.: Billmeyer and
>> Saltzman's Principles of Color Technology, Wiley-Interscience, 2000),
>> und ist daher für die Beurteilung von Digitalproofs besonders gut
>> geeignet. [...]
>>
>> >
>
>> Ferner macht es Sinn, für die unbunten Felder des Prüfkeils eine noch
>> engere Toleranzgrenze festzulegen, weil Farbänderungen in Farben nahe
>> der Unbuntachse für das menschliche Auge auffälliger sind. Diese
>> Toleranzgrenzen könnten beispielsweise auf ¢E00 <= 2 für bunte Farben
>> sowie ΔE00 <= 1 für unbunte Farben festgelegt werden.
>>
>
> Mal abgesehen davon, das sich wahrscheinlich so mancher Softwarehersteller
> eine Farbabstandsformel wünscht, die etwas weniger "tricky" zu
implementieren
> ist ;-): Sind die getrennten Toleranzen für Bunt- und Unbunttöne nicht
> "doppelt gemoppelt"? Wird die Gleichabständigkeit nicht schon durch ∆E2000
> hinreichend berücksichtigt?
>
> Frage 2: Ein visuell bewertbarer Keil muss natürlich an die jeweilige
> Ausgabebedingung angepasst sein. Da nicht alle Stützstellen des Keils direkt
> aus den Charakterisierunsdaten abzuleiten sind, stellt sich die Frage, wie
> die Sollwerte gewonnen werden können. Am einfachsten sicher über ein Profil
> für die jeweilige Druckbedingung -- dann gehen aber auch die Fehler dieses
> Profils (im Falle von isoCoated beispielsweise ein ∆E94 bis zu 0,8 im
> Cyan/Blau-Bereich) in den Keil mit ein. Wie lässt sich das vermeiden?
>
> Grüße, Klaus Karcher
>
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