Jan-Peter Homann schrieb:
Hallo Herr Karcher
Wenn RGB-Daten ohne Profil geliefert werden, sollte man das Profil
zuweisen, welches am wahrscheinlichsten diese Daten charakterisiert.
Dies ist eindeutig sRGB.
In Apples colorsync-users-Mailingliste geb es dazu kürzlich eine
laaange, breite, tief verzweigte Diskussion zu diesem Thema. Aufgrund
dieser Diskussion möchte ich zumindest "begründete Zweifel" an o.G.
Aussage anmelden: Ich glaube nicht daran, dass sRGB das Profil ist,
welches am wahrscheinlichsten unprofilierte Daten beschreibt. Ich glaube
noch nicht mal daran, dass mehr als 50% der als sRGB markierten Daten
durch sRGB adäquat beschrieben werden. (Un-)gesundes Habwissen gibt es
nicht nur bei Anwendern, sondern auch bei Herstellern: Der Grund, aus
dem einige Digitalkameras irgedwas von sRGB in ihren Exif-Daten
"stammeln" liegt wohl eher and der Verlegenheit, eigentlich keine
vernünftige Antwort auf die Frage "_welches_ RGB lieferst Du?" geben zu
können.
Ich denke auch, dass in Archiven, auf DAT- DLT-Bändern und Festplatten
erheblich mehr gute, aber unprofilierte RGB-Daten "schlummern", die
irgendwann an Macs (mit Gamma 1,8) bearbeitet und für gut befunden
wurden, als welche, die an sRGB-Systemen entstanden sind, aber kein
Profil enthalten.
Einer der häufisten Fehler, den ich bei Kunden mit einem gesunden
Colormanagement-Halbwissen vorfinde, ist die Einstellung ECI-RGB in den
RGB-Einstellung von Photoshop und das Öffnen von unprofilierten
RGB-Daten direkt in diesem Farbraum.
Dass "irgendwas" schiefgegangen ist, wenn sRGB und eciRGB vertauscht
werden, wird wohl auch einem einäugigen Dichromaten auf 15m Entfernung
auffallen...
Anschließend werden die orangenen Hautöne wieder
manuell aus sämtlichen
Bildern heraus retuschiert.
... daraus allerdings die "richtigen" Schlüsse zu ziehen erfordert ein
gutes Auge, Erfahrung, eine "gut sortierte Profilsammlung", ein bisschen
Fachwissen und - bei größeren/uneinheitlichen Datenmengen - *viel* Geduld.
Um es als Dienstleister rund zu machen, sollte dieser seinen Lieferanten
Folgendes mitteilen:
"Betten Sie in RGB-Daten bitte unbedingt Profile ein. Sollten Sie Sie
RGB-Daten ohne Profil liefern, so weisen wir diesen Daten sRGB zu und
führen auf dieser Basis Farbtransformtionen durch. Anschließend
erstellen wir einen Proof, der von Ihnen frei gegeben werden muss, bevor
die Daten in den Druck gehen."
Diesen Vorschlag halte ich für _gaaanz_ wichtig!
Wobei anstelle von "sRGB" beispielsweise auch "Generic-",
"Adobe-" oder
"Apple-RGB", stehen könnte.
Für CMYK Daten empfehle ich eine andere Kommunikation mit Datenlieferanten"
"Bitte liefern Sie CMYK-Daten im ISO-Farbraum für den passenden
Papiertyp im Druck inkl. Proof mit Medienkeil und Kontrollkeil.
Sollten Sie keinen Proof liefern, dann erstellen wir gerne einen solchen
Proof für Sie, den Sie anschließend freigeben müssen.
Sollten die angelieferten CMYK-Daten Profile enthalten, so ignorieren
wir diese bei der Erstellung eines Proofs nach ISO-Vorgaben.
Sollte der ISO-Proof im Ganzen oder in einigen Abbildungen nicht ihren
Vorstellungen entsprechen, so kontaktieren Sie bitte umgehend unsere
Vorstufenabteilung, um zu klären, wie weiter vorgegangen werden kann.
Gerne überarbeiten wir ihre Daten gemäß ihren Vorstellungen"
Sollten sie explizit eine Farbkonvertierung von CMYK-Daten wünschen, so
schicken Sie uns bitte CMYK-Daten in dem von Ihnen präferierten Farbraum
inkl. einem Proof in diesem Farbraum
So haben Sie und Wir die Möglichkeit die korrekte Farbtransformation der
CMYK Daten anhand ihres Ausgangsproofs und unseres Kontraktproofs zu
kontrollieren."
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Die blinde Anwendung von Farbprofilen in CMYK-Daten kann in vielen
Fällen zu einer Verschlechtung von Ergebnissen führen, wenn die Profile
ausversehen eingebettet wurden, was häufig passiert.
Ich vermute, das ist die Konsequenz aus der "SWOP-Inflation".
Solange die Separation ok und im gesamten Datenbestand einigermaßen
einheitlich ist, halte ich diese Vorgehensweise im Moment noch für die
Vernünftigste.
Andere Betriebe wenden Profile in CMYK-Daten generell an.
Diese Vorgehensweise wird früher oder später wohl die oben genannte
Methode ablösen (sobald der Anteil der falsch profilierten CMYK-Daten
klein genug ist).
Wichtig ist letztendlich eine klare Kommunikation zu
den
Datenlieferanten, wie man vorgeht und dass am Ende immer ein Proof
steht, der vom Kunden freigegeben werden muss.
AMEN ;-)
Klaus Karcher