Hallo Herr Schütze, hallo Olaf, hallo ECI-Liste,

vor einigen Jahren hat die 3D-Render-Software Blender einen linearen RGB-Workflow eingeführt (vgl. [1] und darin aufgeführte Quellen).

Ein lineares RGB ICC-Profil zu erzeugen dürfte rein technisch nicht besonders schwer sein, wenn man in einem bestehenden RGB-Profil die TRC-Tags (= "Gamma"-Tags) so modifiziert, dass sie linear arbeiten. Damit könnte man linear vorliegende RGB-Daten dann entsprechend charakterisieren.

Direkt (von z.B. sRGB) in ein solch lineares Profil zu konvertieren wird aber nicht den gewünschten Effekt bringen. Stattdessen müsste man (nichtlineare) sRGB-Daten mit der inversen TRC des Quellprofils (im Beispiel sRGB) pro Kanal korrigieren [2], damit die Daten anschließend wirklich linear sind. Man bräuchte zur Korrektur also ein RGB-Profil, dass die inverse TRC beinhaltet. Im Fall von sRGB am besten als Funktion (nur mit ICC-v4 Profilen möglich), und nicht als Tabelle, sonst kommt es zu Ungenauigkeiten bei der Berechnung.

Allerdings muss man sich im Fall von Herrn Schütze die Frage stellen ob die Datentiefe von 8 Bit/Kanal für den Austausch wirklich sinnvoll ist, selbst 16 Bit/Kanal sind unter Umständen nicht ausreichend.
Wenn die gelieferten Daten später weiterverarbeitet werden sollen (Post Processing) ist ein lineares Datenformat mit Gleitkomma-Präzision (z.B. OpenEXR, s. [3]) vielleicht die bessere Wahl.

Ohne die verwendete Version von After Effects zu kennen, schließe ich aber aus dem Namen der Exportoption, dass damit das gewünschte Ergebnis erzielt werden dürfte. An Herrn Schützes Stelle würde ich dem Empfänger ein auf diesem Weg erzeugtes lineares Bild vorlegen und fragen, ob er damit weiterarbeiten kann. 

Für AE existiert ein frei verfügbares OpenEXR-Plugin, das hier hilfreich sein könnte [4].

Die AE Hilfe liefert übrigens eine Erklärung für den optional wählbaren linearisierten Arbeitsfarbraum [5] – und rät nebenbei davon ab diesen mit 8-Bit Bilddaten zu verwenden: 
"Note: A linearized working color space works best with higher color depths—16 bpc and 32 bpc—and is not recommended for 8-bpc color".

Viel Erfolg und viele Grüße
Claudio Wilmanns


PS:
Für Neugierige: Eine ähnliche Problematik bezüglich der Gamma-Korrektur gibt es übrigens bei der Skalierung von Pixelbildern [6]. 
Wenn die Pixelwerte vor der Neuberechnung/Skalierung nicht linearisiert werden, genauer gesagt nicht Gamma-korrigiert werden, dann führt das unter bestimmten Umständen zu Artefakten (ungewollten Farbveränderungen).
Photoshop war in der Vergangenheit ein Beispiel dafür, wie es nicht gemacht werden sollte. Ob die aktuelle Version von Photoshop (CS6) den Fehler immer noch macht, weiß ich jedoch nicht.
Das Bildbetrachtungsprogramm Apple Preview (Vorschau) dagegen macht es seit Mac OS X 10.6 richtig, genauso wie mittlerweile viele andere Programme [6].


Referenzen:
[1] http://www.blender.org/development/release-logs/blender-256-beta/color-management/
[2] http://http.developer.nvidia.com/GPUGems3/gpugems3_ch24.html
[3] http://www.openexr.com/documentation.html 
[4] http://www.fnordware.com/OpenEXR/
[5] http://help.adobe.com/en_US/aftereffects/cs/using/WS61A9D13D-919A-4010-A3A2-00477A81FDB0a.html#WS2A3CEB0E-F1A1-4035-9C62-CFF4A0527B11a
[6] http://www.4p8.com/eric.brasseur/gamma.html


Am 28.08.2013 um 18:41 schrieb Olaf Drümmer <o.druemmer@callassoftware.com>:

Hallo Herr Schütze,

ein "RGB Linear"-Profil ist mir noch nicht untergekommen, und ich fürchte, dass es das evtl. auch gar nicht gibt.

Andere Frage: wie sehen die Bilder in Premiere denn aus? Wer weiss überhaupt, wie sie aussehen sollen? Bzw. was ist die offizielle Referenz? 

Pragmatischer Ansatz: wenn die Bilder in Premiere gut/richtig aussehen, und der Export aus Premiere auch gut/richtig aussieht - wo ist das Problem?

Wenn Sie das Problem auf einer anspruchsvolleren Ebene lösen wollen, müssen Sie den Lieferant der Bilder befragen, was er unter "RGB Linear" versteht, ob er ein entsprechendes ICC-Profil liefern kann oder angeben kann, wo man das ICC-Profil her bekommt - oder was ansonsten seine visuelle Referenz ist.


Olaf Drümmer


Am 28 Aug 2013 um 16:50 schrieb Michael Schütze <michael.schuetze@isb-ik.de>:

Sehr geehrte Damen und Herren,
 
ich produziere (erstmalig) einen Spot für digitales Kino.
Datenübergabe:
Einzelbilder Tiff 8-Bit RGB Linear
 
Ich bearbeite den Spot mit Premiere CS6 unter Windows 7
Wenn ich aus Premiere die Einzelbilder rendere kann ich den gewünschten Farbraum
nicht auswählen.
Das Ergebnis hat nach Prüfung in PS den Farbraum sRGB IEC61966-2.1
Auch in PS lässt sich das Linear Profil nicht wählen.
 
Meine Frage:
Muss ich das RGB Linear Profil zunächst installieren?
Wo kann ich das Profil herunterladen?
 
Aus After Effects lässt sich aus dem Arbeitsfarbraum (sRGB IEC61966-2.1)
Der Ausgabe Farbraum „linearisert Gamma 1.0“ generieren.
Ist das schon alles, oder ist ein spezielles Profil notwendig?
 
Vielen Dank im Voraus und freundliche Grüße,
Michael Schütze
 
 
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