Hallo Kollegen,

als ehemaliger Mitstreiter von Reinhard Fittkaus Druckvorstufenstandard hier meine Anmerkungen zu den diversen Beiträgen zum Thema DVS. Die Nummern (*1, *2, ...) verweisen auf die am Ende des Mails angefügten Auszüge aus den Beiträgen.

ZU MEINER PERSON:

Nach einigen Monaten Diskussion und gemeinsamer Arbeit mit Reinhard Fittkau und Manfred Dilling ist ein Referenzprofil mit einer Anleitung veröffentlicht worden, wovon ich mich im September distanzieren musste. Ich stehe jedoch nach wie vor hinter der Idee "Druckvorstufenstandard" und als Colormanagement-Consultant mit meiner bescheidenen Erfahrung aus Inhouse-Trainings und unzähligen Anwender-Diskussionen zur Vefügung.

ZUR SACHE:

Nachdem einige Kollegen den Bedarf eines generischen CMYK-Profils im Sinne des "Druckvorstufenstandards" noch nicht verstanden haben (*1), hier einige Fakten.

Folgende Notwendigkeit ergibt sich

a) aus der Definiton des "generischen ICC-Proof" bzw. "Referenz-CMYK FOGRA-Offsetstandard zur Konvertierung aus Lab/ECI-RGB" der ECI-Richtlinien (z.B. 4.3, A 1.3).

b) aus der Tatsache, dass unzählige Profile konstruiert worden sind, die angeblich den FOGRA/bvdm-Standard Papierklasse 1/2 repräsentieren (FograGloss, DigitalCromalin, BestRef6, Offset Euro pos U340 K95, EuroscaleCoated (Photoshop), Standard EURO (Agfa), Euroscale-Pantone, CGS_OFFSET usw.) über deren Qualität man sich streiten kann, (*2) deren Unterschiede aber zum Kernproblem der gesamten Druckindustrie geworden sind. Die FOGRA stellt derzeit nur veraltete Messwerte, aber keine Profile zur Verfügung.

c) aus dem Umstand, dass für die große Mehrheit von CMYK Daten, die erzeugt und geprooft werden müssen, nicht bekannt ist, wie sie letzendlich gedruckt werden. Solche Daten können nur mit  e i n e m  generischen CMYK-Profil das eine weite Verbreitung und Anerkennung gefunden hat, sinnvoll ausgetauscht werden.

Die Bezeichnung "Druckvorstufenstandard" mag in dem Bewusstsein geprägt worden sein, für die Probleme des PIC gegenüber der Druckvorstufe eine Lösung zu finden. Doch es geht nicht nur um eine Separationstabelle für Digitalfotografen; ich sehe den Sinn  des Wortes "Druckvorstufenstandard" aus einer anderen Perspektive: Der Druck bestimmt den Standard, nach dem reproduziert wird; jeder, der Bilddaten erzeugt oder aus fremder Hand empfangen muss, die im Sinne eines FOGRA-Standards / ProzessStandard Offsetdruck verarbeitet werden, ist betroffen. Dieses generische CMYK-Profil schliesst weder Varianten (Gesamtfarbauftrag, Schwarzaufbau, Papierklassen) noch individuelle Profile aus; im Gegenteil, es wird als Referenz zur Kontrolle hauseigener Lösungen die Sensibilität für das Thema steigern.

WESENTLICHE  MASSNAHMEN:

1. Das Referenzprofil "Druckvorstufenstandard" muss kostenlos über massgebliche Verbände verbreitet werden.

Da der Druckvorstufenstandard mittels ICC-Profil die ISO 12647 reproduziert, sind in erster Linie bvdm, Fogra/Ugra und ECI angesprochen. Ohne deren Unterstützung wird es nur beim PIC-Standard von Reinhard Fittkau bleiben. Noch vor einem Jahr gab es aus Kreisen der genannten Verbände Widerstand gegen die Initiative DVS, und es ist Reinhard hoch anzurechnen, dass er es als Fotograf geschafft hat, für ein scheinbar brachliegendes Thema der Druckindustrie das nötige Interesse zu entfachen. Doch nur die Kommunikation über   a l l e   Verbände der betroffenen Berufsgruppen bietet die nötige Plattform für einen Standard, der diesen Namen verdient. Ob die Hersteller Adobe und Apple hier die ersten Ansprechpartner sind, möchte ich bezweifeln, denn diese haben nicht einmal das ECI-RGB integriert. Natürlich sollte hier nicht lockergelassen werden. Im Gengensatz dazu die Firma Best: Bereits wenige Tage nach der Anregung einiger CMM-Consultants, wurde ECI-RGB in Best Colorproof übernommen.(*3)

Die kostenlose Verbreitung eines Proofprofils sah ich als ein Grundpfeiler der DVS-Idee, der auch über lange Zeit Bestandteil der Planungen war; leider ist nichts daraus geworden. Die kostenlose Verbreitung schliesst ja nicht aus, dass Fittkau weitere Hilfsmittel zum Thema vermarktet, wie andere dies auch tun.

2. Die Qualität der derzeitigen Version des DVS-Proofprofils ist für eine Verbreitung nicht tragbar.

Ob ein synthetisch erstelltes Profil, das sich sowohl für Separation als auch für Proof eignet, realisierbar ist, ist zu prüfen.
Es ist wohl an der Zeit, dass die farbmetrischen Tüftler an einer bestmöglichen Vollendung der Idee mitwirken, die die Notwendigkeit und den Lösungsansatz eines generischen CMYK-Profils verstanden haben. (*4)

FAZIT:

Es geht bei diesem Thema nicht um ein Randproblem im ICC-Colormanagement, sondern um das mit Abstand gravierendste Qualitätsproblem der Druckindustrie. Der Kern des Problems sind 1000 unterschiedliche CMYK-Definitionen, die alle das gleiche meinen, aber primär durch ihre Unterschiedlichkeit chaotische Ergebnisse verursachen. Der Kern kann geknackt werden.
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Auszüge aus den Beiträgen:
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(*1)
Karl Koch 4.4.2002
"Von vielen Seiten wird sogar ein Standard CMYK Profil (ein
Widerspruch in sich) gefordert, um "schön" proofen zu können (siehe DVS)."
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(*2)
Christian Schneider  18.5.2002:
"ich unterrichte nebenbei jungen grafikern farbmanagement und photoshop welche die gleiche unsicherheit bei der farbseparation nach cmyk haben wie photographen. was ps6 mit den  mitgelieferten euro profilen  bietet ist in wirklichkeit nicht zu gebrauchen, ausserdem sind ihre eigenschaften nicht dokumentiert.  gute separationsprofile von anderen herstellern unterliegen dem copyright. was zeige ich also meinen schülern was in der praxis halbwegs funktioniert ? (ausser kauft euch  linocolor ;-) ) zieht man dann noch in betracht das ein ideales cmyk profile in der praxis keine bedeutung hat, da die realen bedingungen unter denen gedruckt wird auch bei einhaltung der entsprechenden iso normen zu unterschiedlichen ergebnissen führen können, kann  es nur heissen: auch ein nicht 100% perfektes standart cmyk profil ist für alle besser als die jetztige situation."
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(*3)
Christian Schneider  17.5.2002:
"die photographen kollegen in england adressieren  das gleiche problem wie der pic verband in deutschland. mit dem grossen unterschied das
sie die ermittelten cmyk profile kostenlos zur verfügung stellen ! damit agieren sie wesentlich klüger als die herrn von pic denn nur eine breite kostenlose verwendung sichert die umsetzung eines solchen standarts in der Praxis."
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Christian Schneider  18.5.2002:
"
zur allgemeinen verbreitung gibt es nur einen richtigen weg: die profile sollten kostenlos am besten gleich mit grafik software  vertrieben werden. vielleicht spricht jemand von den herrn der verbände einmal mit adobe oder apple."
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Dietmar Wueller 17.5.2002:
"Ein Standard setzt sich nur durch, wenn alle ihn kostenlos verwenden können und alle Damen und Herren, die in ISO oder DIN mitarbeiten bekommen für ihre Arbeit auch nichts. Darüber hinaus ist es für einen Standard notwendig, dass alle Details, wie er entstanden ist offen gelegt werden. Soweit mir bekannt ist hat der PIC leider bisher nicht offen gelegt, auf welchem Wege die Profile erstellt wurden."
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(*4)
A.Schuetzenhofer 18.4.2001:
"Daraus ergibt sich folgender Gedanke: Man müßte CMYK-Farbräume haben, die "in
sich stimmig" sind, also eine ideale Graubalance aufweisen, die nicht vor
allem in den Lichtern durch optische Aufheller verfälscht und durch
Druckschwankungen aus der "normalen" Balance geraten, aber trotzdem aus
REALEN Bedingungen stammen.

So schwierig stelle ich mir das nicht vor - das Verhalten der Farben auf den
jeweiligen Papieren ist ja bekannt und meßbar, der Druckzuwachs kann
eindeutig gemessen werden - wenn man Whitepoint-Tags aus und in den gesamten
Farbraum einrechnen kann, kann man bestimmt auch Schwankungen aus dem Druck
praxisnah rechnerisch ausgleichen. Vielleicht mit einem Algorythmus, der aus
tatsächlicher (gemessener) Graubalance und idealer Graubalance, entweder
mittels Referenz oder mit Zuhilfenahme der Messung an der Schwarz-Achse aus
Offset-Schwarz, um den Papierton mitzuberücksichtigen zu können, berechnet
werden könnte. Was voraussetzt, daß man eine Lösung bei Offsetpapieren mit
optischen Aufhellern findet, wo es aber meines Wissens schon Lösungsansätze
gibt. Man könnte vielleicht auch am Offset-Schwarz messen, inwieweit der
b-Wert bei zunehmender Deckung in Richtung 100% in positive Richtung geht und
davon Rückschlüsse ziehen.

Ziel sollte es meiner Meinung nach sein, Grundwerte zu erzeugen, die den
Idealzustand des jeweiligen Druckprozesses repräsentieren, basierend auf
realen Bedingungen, um sich in der Mitte der alles relativierenden
Druckschwankungen zu befinden. Darauf aufbauend kann dann das Profil
generiert werden, welches ein harmonisches Seperationsergebnis aufweist, ein
Seperationsergebnis welches sich nicht auf exakt den Zustand der
Testdruckphase bezieht sondern ein "übergreifender" Zustand, der jederzeit
erreicht werden kann und dann auch wird - sofern man sich wie man so schön
sagt innerhalb der Toleranzen befindet."
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Mit freundlichen Grüssen
Detlef Fiebrandt

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